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Wirtschaft: Die Wirtschaft im Südwesten: Rheinland-Pfalz braucht Frankfurt und Köln

Rheinland-Pfalz ist vielen Bundesbürgern vor allem als Weinland bekannt. Die französische Militärregierung zimmerte das Land nach dem Krieg zusammen, die Preussen aus den Rheinprovinzen, die Hessen in der Landesmitte und die Bayern in der Pfalz mussten sich zusammenraufen.

Rheinland-Pfalz ist vielen Bundesbürgern vor allem als Weinland bekannt. Die französische Militärregierung zimmerte das Land nach dem Krieg zusammen, die Preussen aus den Rheinprovinzen, die Hessen in der Landesmitte und die Bayern in der Pfalz mussten sich zusammenraufen. Das Bundesland war arm - und ist bis heute Empfänger im Länderfinanzausgleich.

Rheinland-Pfalz hat rund vier Millionen Einwohner, nur 600 000 mehr als Berlin. Beim Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigem liegen die Hauptstadt und das Weinland nach Daten des statistischen Bundesamtes gleichauf. Das Wachstum in Berlin war mit 1,3 Prozent im Jahr 2000 jedoch geringer als das in Rheinland-Pfalz mit 3,2 Prozent. Mit 7,4 Prozent sieht auch die Arbeitslosenquote um Rhein und Mosel besser aus als in Berlin mit 16,3 Prozent. "Die niedrige Arbeitslosenquote liegt aber an der großen Zahl von Auspendlern, nicht an guter Wirtschaftspolitik", sagt Hans-Josef Bracht, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Opposition im Landtag. Wirtschaftlich liegt Rheinland-Pfalz zwischen Köln, Frankfurt (Main) und Luxemburg. Die Einwohner des kleinen Bundeslandes fahren in die starken Regionen zur Arbeit. Sie bringen Geld mit zurück. "Ich sehe hier kein Problem", sagt Jörg Wagner, Sprecher des FDP-Wirtschaftsministers Hans-Artur Bauckhage. Die Opposition sieht das anders: "Die Auspendler machen uns verwundbar - wenn es mit Frankfurt bergab ginge, wären wir sofort auch betroffen", sagt Bracht. Er fordert mehr starke Arbeitsplätze im Inland.

Größte Hoffnung des Landes: der Ausbau des ehemaligen Militärflughafens Hahn zu einem Ableger des Frankfurter Flughafens. "1985 noch nutzte das Militär knapp acht Prozent der Landesfläche", sagt Wagner. Mit dem Abzug der Soldaten nach dem Ende des Kalten Krieges gingen 30 000 Arbeitsplätze verloren. Indem das Land auf den Kasernengeländen beispielsweise Technikfirmen angesiedelt habe, sei es inzwischen gelungen, 10 000 Arbeitsplätze neu zu schaffen.

Die zivile Nutzung der Militärflughäfen soll auch die Anbindung an die Weltmärkte stärken. Und dies erscheint nötig. Die Exportquote des Landes liegt mit 40 Prozent höher als in den anderen Bundesländern. Für die Ausfuhren sorgen die großen Industrieunternehmen, allen voran Daimler-Chrysler und die BASF. Die "Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG" hat am Firmensitz in Ludwigshafen das größte Chemiewerk der Welt. "Wir sind nicht nur Wirtschaftsbetrieb, sondern auch Arbeitsmarktfaktor und Kulturförderer", beschreibt Hartmut Unger von der BASF die Einbindung des Unternehmens in die Region. Auch die anderen Großunternehmen wie Boehringer Ingelheim oder Schott Glas in Mainz fühlen sich ihrem Standort verpflichtet. Die etablierten Arbeitgeber sind zufrieden - Selbständige hätte die Landesregierung jedoch gerne noch mehr. Je nach Rechenweise liegt Rheinland-Pfalz bei Existenzgründungen auf dem letzten oder dem siebten Platz unter den elf alten Ländern. "Woran das liegt, wissen wir nicht genau", sagt Hartwig Bartling, Professor für Wirtschaftspolitik an der Uni Mainz. "Der Strukturwandel funktioniert aber." Nach einer Studie des Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik in Mainz lag der Anteil des Dienstleistungssektor in Rheinland-Pfalz vor 50 Jahren noch um zehn Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Heute haben Dienstleistungen in Rheinland-Pfalz fast den gleichen Anteil an den Erwerbstätigen wie in ganz Deutschland. Die Dienstleister sind kleine und mittlere Unternehmen, und diese fördert die Landesregierung über die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz. 2,5 Milliarden Mark investiert die Regierung allein in die Umwandlung der Militäranlagen in Standorte für Wirtschaft. "Rheinland-Pfalz ist auf der Südschiene an sich gut mitgekommen beim Wachstum", sagt Bartling.

Kennzahlen (2000)

Wirtschaftswachstum: 3,2 Prozent.

Arbeitslosenquote: 7,4 Prozent.

BIP je Erwerbstätigen: 97 470 Mark.

Finn Mayer-Kuckuk

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