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Wirtschaft: DIW-Bilanz zur Währungsunion: Den Westen nicht kopieren - Gleicher Lohn nicht vertretbar

Die ostdeutschen Bundesländer bleiben nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auch die nächsten zehn Jahre auf Transferzahlungen in Höhe von rund 100 Milliarden Mark angewiesen. Mit steigendem Sozialprodukt nehme der Bedarf - relativ betrachtet - jedoch ab, betonte DIW-Steuerexperte Dieter Vesper am Dienstag im Rahmen eines Pressegesprächs über zehn Jahre deutsche Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.

Die ostdeutschen Bundesländer bleiben nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auch die nächsten zehn Jahre auf Transferzahlungen in Höhe von rund 100 Milliarden Mark angewiesen. Mit steigendem Sozialprodukt nehme der Bedarf - relativ betrachtet - jedoch ab, betonte DIW-Steuerexperte Dieter Vesper am Dienstag im Rahmen eines Pressegesprächs über zehn Jahre deutsche Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Insbesondere bei der Infrastruktur bestehe unverändert Nachholbedarf, sagte Vesper. Es sei zu hoffen, dass der Anpassungsprozess im Osten mit steigenden Wachstumsraten zumindest in abgeschwächter Form wieder in Gang komme. Dabei sei angesichts der unverändert hohen Arbeitslosigkeit und der relativ niedrigen Produktivität keine vollständige Angleichung der Löhne an westdeutsches Niveau vertretbar. Das gelte insbesondere für den öffentlichen Dienst, betonte DIW-Konjunkturexperte Gustav Horn.

Übereinstimmend verwiesen die Berliner Ökonomen auf die zunehmende regionale Differenzierung der Wirtschaft. Einige ostdeutsche Städte wie Suhl, Gera oder Dresden schnitten gemessen an der Beschäftigung bereits heute deutlich besser ab als die westdeutschen Städte Bremerhaven und Pirmasens. In zehn Jahre werde nicht mehr von Ostdeutschland, sondern von ostdeutschen Regionen die Rede sein, zeigte sich DIW-Präsident Klaus Zimmermann überzeugt. Ostdeutschland dürfe keine Kopie von Westdeutschland werden, Konvergenz sei kein Ziel, unterstrich Zimmermann. Es gehe weder darum eine vergleichbare Industriestärke aufzubauen noch eine entsprechende Exportquote zu erreichen. Vielmehr müsse Ostdeutschland eigene Schwerpunkte entwickeln.

In ihrer Skepsis gegenüber der raschen deutsch-deutschen Währungsunion fühlen sich die DIW-Wissenschaftler im Nachhinein bestätigt. Der "politische Symbolgehalt der Währungsumstellung" habe sich als ökonomischer Fehler erwiesen. Mit einem Umtauschkurs von einer Westmark zu vier Ostmark wäre man auf der sichereren Seite gewesen, erklärte Konjunkturexperte Horn. Im Übrigen habe es sich als falsch erwiesen, die Altschulden nicht gänzlich zu streichen. Zwischen 1990 und 1999 habe sich die Staatsverschuldung in der Folge von rund einer Billion Mark auf über zwei Billionen Mark mehr als verdoppelt. Fehler habe es auch bei der Privatisierung durch die Treuhandanstalt gegeben. Die, erinnerte Karl Brenke, habe teils an Investoren verkauft, die kein Interesse an einer Fortführung der Betriebe gehabt hätten oder dazu gar nicht in der Lage gewesen wären. Alles in allem sei die Geschichte der Währungsunion dem DIW zufolge, "ein Musterbeispiel dafür, dass für den Primat der Politik über die Ökonomie oftmals ein hoher Preis zu zahlen ist".

mo

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