DVD-Nachfolge: Formatstreit geht in heiße Phase

Las Vegas - Nachdem die ersten Blu-ray- und HD-DVD-Player in den Haushalten vor allem in Japan und den USA angekommen sind, geben sich zwar die Vertreter der konkurrierenden Formate weiter kampfbereit und siegesgewiss. Doch hinter den Kulissen verklingt langsam das Säbelrasseln, denn die Verunsicherung bei den Verbrauchern könnte der derzeit boomenden Unterhaltungselektronik den Wind aus den Segeln nehmen. Auf Grund des Formatstreits entwickele sich die Branche bereits weit langsamer als sie müsste, sagte Hee Gook Lee, Präsident und Cheftechnologe von LG Electronics.

Auf der CES stellte LG den weltweit ersten Kombi-Player vor, der Medien beider Formate lesen kann. Damit will ein weiteres Unternehmen den seit langem geführten Streit beilegen. Erst kürzlich hatte das Hollywood-Studio Warner Brothers Entertainment ein Speichermedium angekündigt, das sich auf Playern sowohl für Blu-ray als auch HD-DVD abspielen lässt.

Unterstützung von Hollywood-Studios

Sollte sich eines der Formate wirklich als alleiniger oder dominierender Standard durchsetzen, werde sich der Entscheidungsprozess noch lange hinziehen, schätzt Thomas Nedder, Europachef von NEC. Das Massengeschäft für die neuen Medienformate werde frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2007 beginnen. NEC gehört dem HD-DVD-Lager an und produziert hauptsächlich Laufwerke für Personal Computer. Das Unternehmen kooperiert allerdings inzwischen auch in einem gemeinsamen Joint Venture mit dem "Erzfeind": Zusammen mit Sony entwickelt das Unternehmen unter dem Dach der Sony NEC Optiarc seit April 2006 neue Laufwerks- und Lesekopftechnologien.

Mit Unterstützung einer stattlichen Anzahl von Hollywood-Studios zeigte sich die Blu-ray-Association in Las Vegas dagegen siegesgewiss: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Verbraucher die Vorteile der Blu-ray-Technologie erkennen werden", sagte Andy Parsons, US-Marketing-Vertreter des Verbandes. Als Vorteil der Blu-ray-Disc gegenüber der HD-DVD gilt vor allem ihre höhere Speicherkapazität, die mittlerweile standardmäßig 50 Gigabyte beträgt gegenüber rund 30 Gigabyte bei der HD-DVD. Damit passen auf eine Silberscheibe neben Filmen in höchster Auflösung und in mehreren Sprachfassungen auch zusätzliche, zum Teil interaktive Funktionen.

Das Blu-ray-Lager hat bereits sieben der acht großen Hollywoodstudios sowie mehr als 25 Unternehmen auf seine Seite gebracht, die im Blu-ray-Format Player, Computer-Laufwerke und Inhalte produzieren. Inzwischen sollen rund 170 Film- und Musik-Titel auf Blu-ray verfügbar sein. "Die Straße vor uns in diesem Jahr sieht deutlich breiter aus als zu der Zeit, als wir die Blu-ray-Disc in Europa vorgestellt hatten", sagte Parson.

Konkurrenzkampf mit neuen Spielekonsolen

Toshiba setzt dagegen weiterhin auf das Format der HD-DVD und stellte auf der CES ihre neuen optimierten Abspielgeräte vor. In diesem Jahr will das Unternehmen insgesamt 1,8 Millionen HD-DVD-Player verkaufen. Geplant ist zudem eine neue Version der HD-DVD, die mit 51 Gigabyte den herkömmlichen Speicher von rund 30 Gigabyte deutlich übersteigt und zumindest ein Gigabyte mehr Platz bietet als das Konkurrenzformat.

Bis eine mögliche Einigung auch nur annähernd realistisch wird, werden die konkurrierenden Parteien zumindest noch einen Trumpf ausspielen: die neuen Spielekonsolen. Dabei setzt das HD-DVD-Lager auf Microsofts Xbox 360. Der Softwarekonzern hatte erst kürzlich auch in Europa für die Xbox 360 einen externen HD-DVD-Player für 199 Euro auf den Markt gebracht und könnte damit für eine beschleunigte Verbreitung der HD-DVD sorgen. "HD-DVD wird das meist verkaufte Format in diesem Jahr sein", ist sich Xbox-Chef Robbie Bach sicher. Doch auch Sony schickt sein "Trojanisches Pferd" in die Runde: Die neue Playstation 3, die in Europa Ende März in den Handel kommen soll, verfügt über ein brandneues Blu-ray-Laufwerk. (Von Renate Grimming, dpa)