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Wirtschaft: EADS kämpft um Thales-Einstieg

Beteiligung des Luft- und Raumfahrtkonzerns an französischer Firma war Thema für Chirac und Merkel

Berlin/Frankfurt - Die Gerüchte um einen Einstieg des Airbus-Mutterkonzerns EADS beim französischen Elektronik- und Rüstungsunternehmen Thales haben neue Nahrung erhalten: Das Magazin „Stern“ berichtete, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Jacques Chirac hätten sich auf einen Einstieg von EADS verständigt. EADS benötigt bei seinen Plänen Rückhalt von höchster politischer Ebene, weil Frankreich mit einer Beteiligung von 31,3 Prozent größter Thales-Aktionär ist.

Auch französische Medien berichten übereinstimmend, dass Merkel und Chirac den EADS-Vorschlag einer Thales-Beteiligung bei ihrem Treffen im März diskutiert haben. Demnach hat die EADS-Führung vorgeschlagen, ihre Satelliten-Tochter Astrium in Thales einzubringen. Im Gegenzug will der Konzern eine Beteiligung von rund 20 Prozent am Thales-Kapital erhalten. Der „Stern“ hatte unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass das Geschäft bis Herbst über die Bühne gegangen sein soll.

Die deutsche Bundesregierung äußerte sich jedoch am Mittwoch sehr zurückhaltend. Ein solcher Schritt sei grundsätzlich Sache der Unternehmen, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Zu diesem Thema liege der Regierung außerdem „keine Erklärung“ der Unternehmen vor. Auch EADS und Thales wollten das Thema nicht kommentieren.

Die Rückendeckung der Politik soll EADS helfen, den seit Monaten gewünschten Einstieg bei Thales zu schaffen. Die 60 000 Beschäftigten bei Thales stellen in erster Linie Elektronik und Waffensysteme für Flugzeuge, Schiffe und Bodentruppen her. Noël Forgeard, französischer Ko-Vorstandschef bei EADS, hatte zunächst eine Komplettübernahme ins Visier genommen, stieß dabei aber auf große Vorbehalte – nicht nur bei Thales. Auch der deutsche EADS-Statthalter Daimler-Chrysler (Beteiligung 30 Prozent) stemmte sich gegen den Plan, weil er vehement auf den Erhalt der deutsch-französischen Machtbalance pocht. Gemeinsam mit dem gut zehn Milliarden Euro Umsatz schweren Thales-Konzern könnte EADS zwar zu einer weltweit führenden, aber französisch dominierten Kraft im Rüstungsbereich aufrücken. Widerstand kommt zudem aus der Politik: „Es gibt in Frankreichs Regierung kaum Befürworter dieser Variante“, hieß es in Unternehmenskreisen.

Der Wind bei Thales hat sich längst gedreht. Von einer Übernahme ist nicht mehr die Rede – im Gegenteil: Der einst vor der Zerlegung stehende Konzern wird inzwischen von heimischen Partnern umworben. So steht der französische Telekom-Ausrüster Alcatel kurz davor, seinen Einfluss bei Thales auszuweiten. Im Gegenzug für die Abgabe seines Satellitengeschäfts wolle Alcatel seinen Thales-Anteil von neun auf 25 Prozent aufstocken, berichten französische Medien. Der Thales-Verwaltungsrat soll am heutigen Donnerstag in einer außerordentlichen Sitzung die Annäherung mit Alcatel diskutieren. „Kein Kommentar“, hieß es bei Thales und Alcatel.

Das plötzliche Auftauchen von EADS könnte die neue französische Allianz behindern. Nach Informationen der Handelsblatt-Partnerzeitung „La Tribune“ will Alcatel-Chef Serge Tchuruk in einem ersten Schritt die Zusammenarbeit mit Thales festzurren und erst später eine mögliche Kooperation mit EADS diskutieren. Dagegen dränge EADS offenbar darauf, über die Bündelung der Satelliten-Aktivitäten zeitgleich zu verhandeln.

Analysten sind skeptisch, ob das Vorhaben klappen könnte. Die EU-Kommission könnte sich gegen ein Monopol im EU-Satellitenbau sperren, meint Agnès Blazy, Analystin von CM-CIC Securities. Andererseits kooperieren die drei Unternehmen bereits beim Projekt für Satelliten-Navigation, Galileo. HB

H. Alich, M. Eberle

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