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Wirtschaft: Eichel würdigt Duisenbergs Verdienste

Der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank hat den Ruf der Leit-Notenbank stabilisiert – er wurde 70 Jahre alt

Berlin Wim Duisenberg ist tot. Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde nach Angaben der französischen Polizei am Sonntagmittag leblos im Schwimmbad seiner Villa im südfranzösischen Faucon aufgefunden. Wiederbelebungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Der französische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Rettungskräfte, ein Sturz oder ein Schwächeanfall könnten die Todesursache gewesen sein. Duisenberg sei vermutlich schon mehrere Stunden tot gewesen, als er gefunden wurde.

Duisenberg war Gründungspräsident der EZB. Von 1998 bis 2003 leitete der gebürtige Niederländer die Zentralbank und war maßgeblich an der Einführung des Euro-Bargeldes im Jahr 2002 beteiligt. Duisenberg stabilisierte den Ruf der EZB, von der Kritiker angenommen hatten, sie würde im Unterschied zur früheren Leit-Notenbank, der Deutschen Bundesbank, eine eher weiche Währungspolitik verfolgen. In die Kritik geriet er, als er im Jahr 2000 erklärte, die EZB werde nichts gegen den Verfall des Eurowerts gegenüber dem Dollar unternehmen. Die Europäische Zentralbank habe nicht den Auftrag, den Außenwert des Euro zu pflegen, sagte Duisenberg damals. Im Gegensatz zur Deutschen Bundesbank setzte sich die EZB für ihre geldpolitischen Entscheidungen ein Inflationsziel: So lange die Geldentwertung um die zwei Prozent schwankt, gilt der Euro als stabil. Steigt die Inflation dauerhaft über diesen Wert, ist das ein Signal für Zinserhöhungen. Im Gegensatz dazu hatte die Bundesbank neben der Geldwertstabilität auch immer die Entwicklung der Geldmenge kontrolliert und dadurch einen rigideren Kurs gefahren.

Duisenberg hatte sich 1998 gegen den Kandidaten Frankreichs, den früheren französischen Finanzminister Jean-Claude Trichet, durchgesetzt. Schon damals hatte Duisenberg zusagen müssen, nicht die volle Amtszeit von acht Jahren auszuüben, sondern nach angemessener Zeit Platz für Trichet zu machen. Nach vier Jahren räumte Duisenberg tatsächlich seinen Stuhl. Der lebenslustige Niederländer sagte damals, er wolle seinen Ruhestand genießen.

Bundesfinanzminister Hans Eichel würdigte Duisenberg als außerordentlichen Finanzexperten und sprach seiner Familie sein Beileid aus. Er habe „mit seiner ruhigen Art die so wichtige Vertrauensgrundlage für den Euro in der Bevölkerung mit geschaffen und gefestigt“. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel lobte Duisenbergs Arbeit für Stabilität und Unabhängigkeit der EZB. „Sein Werk mahnt uns, diese Werte für die EZB in Zukunft zu bewahren.“ Der Verstorbene habe eine beträchtliche Rolle beim Aufbau Europas gespielt, hieß es am Sonntagabend bei der EZB.

Duisenberg wurde am 9. Juli 1935 in Heerenveen geboren. In Groningen studierte er Verwaltungswissenschaften und Ökonomie. Nachdem er in den 60er Jahren beim Internationalen Währungsfonds gearbeitet hatte, übernahm er zwischen 1973 und 1977 in der damaligen niederländischen Linksregierung das Amt des Finanzministers. Er zwang Holland, den Staatshaushalt zu sanieren und den Sozialstaat zurückzudrängen. Danach wechselte er in die Privatwirtschaft und arbeitete für die Rabo-Bank. Ab 1982 leitete Duisenberg 15 Jahre lang die niederländische Zentralbank. Duisenberg hinterlässt seine zweite Frau Gretta Duisenberg-Bedier de Prairie und zwei erwachsene Söhne aus erster Ehe. fw/uwe

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