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Nur ein Klick entfernt. Damit man seine Zeit nicht in Social Networks vertrödelt, muss man sich manchmal selber austricksen. Foto: dpa

© dpa-tmn

Wirtschaft: Ein Funken Disziplin

Wer am PC arbeitet, ist in Gefahr: Überall lauert Ablenkung. Doch es gibt Hilfe gegen die Zeitfresser.

Alle paar Minuten poppen E-Mails auf, das Lieblings-Nachrichtenportal im Netz berichtet von dramatischen Ereignissen in der Welt, und nur einen Klick weiter lockt ein Pausen-Chat mit den Facebook-Freunden. Da wird es ganz schön schwer, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Einige Programme versprechen Hilfe im Kampf gegen die Ablenkung. Ganz ohne Selbstdisziplin geht es aber nicht.

Wahrscheinlich ist es ein schwacher Trost: Dass wir Menschen uns so leicht ablenken lassen, ist ein Resultat der Evolution. Wenn sich in der Umgebung etwas bewegt, richtet sich die Aufmerksamkeit darauf – Orientierungsreaktion nennen das Psychologen. Früher diente das dem Überleben. Es könnte ja ein Säbelzahntiger um die Ecke biegen. Lebensgefährliche Bedrohungen gibt es im Büroalltag kaum. Doch der Instinkt bleibt. Und er werde in der „schnelllebigen Arbeitswelt“ mit zahlreichen Ablenkungen gefüttert, sagt Andreas Zimber von der Fachhochschule Heidelberg. Etwa den immer wieder aufblinken E-Mails. Hinzu kommt: „Weil das Medium so schnell ist, erwarten alle, dass man auch schnell antwortet“, sagt der Professor für Wirtschaftspsychologie.

Es gibt zwei Probleme: Zum einen fehle häufig die Konzentration für wichtige Aufgaben, sagt Zimber. Wer sich auf ein Thema konzentriert, arbeitet effizienter, muss sich aber trotzdem weniger anstrengen. „Aus Befragungen wissen wir, dass Unterbrechungen der Arbeit als eine Haupt-Störungsquelle gelten.“ Zum anderen böten die vielen Ablenkungen Gelegenheiten, um unliebsame Punkte auf der To-do-Liste aufzuschieben.

Was also tun? Zimber rät zu einer Abschottungsstrategie. Wer kann, sollte feste Büro- und Sprechzeiten einrichten, für wichtige Aufgaben das E-Mail-Fach schließen und seine zeitweilige Isolation auch offensiv nach außen zu kommunizieren. So seien nicht drei oder vier Informationskanäle gleichzeitig offen. „Das wird von den Kollegen in der Regel akzeptiert“, sagt Zimber.

Einige Textverarbeitungsprogramme machen von sich aus die Schotten dicht. Der Focus Writer etwa überdeckt alle offenen Fenster und zeigt nur den Text in einer reduzierten Ansicht. Wer sich motivieren will, kann sich Schreibziele setzen, entweder eine bestimmte Dauer oder eine bestimmte Zahl an Wörtern. Das kostenlose Programm läuft auf Windows, Mac OS X und Linux. Zwei Browser-Erweiterungen versprechen, zielloses Surfen zu stoppen. Stay Focused begrenzt für Chrome die Online-Zeit auf ein frei einstellbares Limit. Welche Websites auf die Tabu-Liste sollen, bestimmen Nutzer selbst. Leech Block erledigt ähnliches für Firefox oder den Explorer: Wer eine blockierte Seite aufruft, sieht ein Verbotsschild. Der kostenlose URL-Blocker arbeitet unabhängig vom Browser.

Ein Funken Disziplin ist aber nötig. Denn zum einen müssen von „Aufschieberitis“ befallene Nutzer die Zeitkiller ehrlich auflisten. Selbstbetrüger könnten etwa auf andere Browser ausweichen oder den Rechner neu starten. Programme wie RescueTime messen, wie viel Zeit für welche Aktivitäten draufgeht. Das kann entlarvend sein.

Wichtig ist, dass die Tools nicht selbst zur Ablenkung werden. „Technische Hilfen sind nur nützlich, wenn sie nicht noch zusätzlich Arbeit machen“, sagt Psychologe Zimber. Und er mahnt: „Technische Lösungen machen nicht das Problem der fehlenden Selbstdisziplin wett.“FOCUS WRITER] dpa

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