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Wirtschaft: Ein Platz zum Überleben

Viele Hidden Champions müssen sich immer wieder eine neue Nische suchen, um der Konkurrenz durch Konzerne zu entgehen.

Normalerweise sprechen Firmenchefs davon, dass sie jetzt richtig Gas geben wollen. Magura-Chef Siegfried Knüpfer redet dagegen vom Bremsen. Er erklärt, wie man Fahrräder schnell und sicher zum Stehen bringt. Vor ein paar Jahren war der Fahrradkomponentenhersteller Magura aus Süddeutschland noch Weltmarktführer für hydraulische Fahrradbremsen – doch dann lockte der Erfolg die milliardenschwere Konkurrenz an und das Familienunternehmen wurde nach und nach an den Rand gedrängt.

Es ist eine Geschichte aus dem Mittelstand, wie sie häufiger passiert. Denn der Kampf um eine kleine Nische, in der die Großen der Branche einen in Ruhe lassen, ist für viele Firmen überlebenswichtig. Und es ist nicht untypisch, dass diese Suche wie jetzt bei Magura immer wieder von vorne beginnt.

In Deutschland gibt es unzählige solcher Hidden Champions – also Weltmarktführer auf einem kleinen, sehr speziellen Markt. Viele sind noch immer in Familienbesitz. „98 Prozent aller Märkte sind kleine oder kleinste Nischen, in denen der Weltmarkt teilweise nur ein Volumen von ein paar Millionen Euro hat“, sagt Wirtschaftsprofessor und Unternehmensberater Hermann Simon. „Diese Nischen sind die natürliche Heimat von Mittelständlern.“ Für große Konzerne ist es oft zu unlukrativ, dort mitzumischen.

Doch das kann sich wandeln – wie bei Magura. Als die Firma 1987 anfing, die Technik der hydraulischen Bremsen von Motorrädern auf Fahrräder zu übertragen, da entstand ein solcher kleiner, aber feiner Markt. Vor allem an teuren Mountainbikes wurden die Magura-Bremsen verbaut. „Wir hatten 100 Prozent Marktanteil“, sagt Geschäftsführer Knüpfer.

Mit der Zeit stieg die Nachfrage nach der neuen Bremstechnik jedoch immer weiter, und das Familienunternehmen wurde letztlich Opfer des eigenen Erfolgs: Milliardenschwere Fahrradkomponentenhersteller wie Shimano konnten die Nische nicht länger ignorieren. Mit ihrer Preismacht drückten sie Magura an den Rand. Inzwischen schätzt Knüpfer den Magura-Anteil am Markt für hydraulische Bremsen noch auf zehn Prozent. Der Umsatz der Magura-Fahrradsparte mit ihren 500 Mitarbeitern dümpelt um die 60-Millionen-Euro-Marke.

Manchmal gelinge es Hidden Champions, ihre Nische mit hohen Innovationsanstrengungen, durch Patente oder die intensive Beziehungspflege zu Kunden und Lieferanten gegenüber übermächtigen Eindringlingen zu verteidigen, sagt Michael Woywode, Professor für Mittelstandsforschung an der Universität Mannheim. „Aber wenn das nicht klappt, dann sollte man schauen, ob man nicht die eine andere Nische findet, in der man erfolgreich sein kann.“

Genau das versucht Knüpfer jetzt, um seine Firma wieder in Schwung zu bringen. Magura soll sich als kleiner, exklusiver Komplettanbieter für alle sicherheitsrelevanten Teile rund ums Fahrrad etablieren. dpa

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