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Wirtschaft: Ein Pool für alle Rentner

Die Verschmelzung der 26 Rentenkassen soll die Kosten deutlich drücken – doch die Länder drohen, den Plan kaputtzumachen

Berlin - Zehn Jahre haben die Vorbereitungen gedauert – jetzt ist der Weg für die Neuorganisation der deutschen Rentenversicherung frei. Ab 2005 werden die 26 verschiedenen Rentenkassen unter einem Dach zusammengefasst. Durch den Umbau soll die Rentenversicherung wirtschaftlicher werden: Die Verwaltungskosten sollen in den nächsten fünf Jahren um zehn Prozent sinken – das sind 350 Millionen Euro. Eine unrealistische Summe, urteilen die Arbeitgeber. „Wie die 350 Millionen Euro zustande kommen sollen, lässt der Gesetzgeber offen“, sagte Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), dem Tagesspiegel am Sonntag.

Die Pläne sehen künftig eine einheitliche Rentenversicherung für alle Berufsgruppen vor – die Trennung zwischen Arbeiter- und Angestelltenversicherung entfällt. Die rivalisierende Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und der Dachverband VDR fusionieren zur „Deutschen Rentenversicherung Bund“, die 22 Landesversicherungsanstalten (LVAen) ordnen sich unter. Als zweiter Bundesverband bleiben Knappschaft, Bahnversicherung und Seekasse. Vom Kabinett am vergangenen Mittwoch abgenickt, muss das 130 Seiten starke Gesetzespaket jetzt noch Bundestag und Bundesrat passieren.

Nach Ansicht von Gunkel hätte ein einheitliches Finanzmanagement zusätzliche Einsparungen bringen können. Statt die Verwaltung der Schwankungsreserve in eine Hand zu geben, legen die verschiedenen Regionalträger das Geld jeweils separat an – zumindest, wenn das Finanzpolster der Rentenversicherung mehr als eine halbe Monatsausgabe umfasst. Immerhin geht es um Milliardensummen. Zumindest aus der Zusammenführung der EDV lassen sich nach Auffassung von Rainer Pitschas, Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, betriebswirtschaftliche Effizienzgewinne realisieren. Bisher erfassen BfA und der VDR für die Landesversicherungsanstalten die Daten in getrennten Systemen.

Während sich für Rentner nichts ändert, werden Arbeitnehmer in Zukunft per Losverfahren nach festen Quoten ihrem Träger zugeteilt. Hintergrund ist, dass die Beamten in den Behörden auf Bundes- und Landesebene in etwa gleichem Umfang beschäftigt werden sollen. Weil auch die Länder im Bundesrat bei der Reform mitreden, drängten sie im Vorfeld darauf, die Arbeitsplätze bei ihren jeweiligen regionalen LVAen zu erhalten. Für die Übergangszeit muss die BfA sogar pro Jahr etwa 170 000 Versicherte an andere Träger abgeben.

Wissenschaftler warnen die Länder davor, die Fusion ihrer Landesversicherungsanstalten zu blockieren. Jochen Pimpertz, Ökonom am arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), sieht „starke Beharrungstendenzen“ bei den bestehenden Organisationen. „Wenn ein Befreiungsschlag beim Abbau der Bürokratie gelingen soll, müssen auch die Strukturen schlanker werden“, fordert er. In Bayern etwa gibt es vier Landesversicherungsanstalten – und keine Absicht, diese zu fusionieren.

Langfristig bleibt der Rentenversicherung nur ein Weg, um im europäischen Wettbewerb zu bestehen, sagt Verwaltungswissenschaftler Pitschas. Die Länderanstalten müssen zu einer einheitlichen Bundesagentur fusionieren. „Das braucht Zeit, wird aber kommen“, prophezeit er.

DIE GRÖSSTEN

Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte arbeiten rund 28 500 Menschen. Weil es inzwischen mehr Angestellte als Arbeiter gibt, betreut die BfA etwa 50 Prozent der Versicherten. Die BfA wird sich mit dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) zur neuen „Deutschen Rentenversicherung Bund“ zusammenschließen.

DIE KLEINEN

Die 22 Landesversicherungsanstalten für Arbeiter beschäftigen bundesweit 41 000 Mitarbeiter. Die LVAen betreuen 48 Prozent der Versicherten. Sie bekommen künftig mehr Arbeit zugeteilt: Ihnen ist eine Quote von 55 Prozent der Versicherten zugesagt.

DIE SONDERFÄLLE

Bei der Bundesknappschaft für Bergleute arbeiten rund 4000 Mitarbeiter. Sie wird sich – gemeinsam mit Bahnversicherungsanstalt und Seekasse – in Zukunft um rund fünf Prozent der Menschen in der gesetzlichen Rentenversicherung kümmern. Derzeit betreut die Knappschaft etwa zwei Prozent der Versicherten – und zwar nicht nur Bergleute.

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