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Wirtschaft: "Ein Schritt zur Modernisierung Deutschlands" - Gesetz soll Anfang 2001 in Kraft treten

Als "weiteren Schritt zur Modernisierung Deutschlands" verkauft die Bundesregierung die Ergebnisse einer Expertenkommission zur Regelung von Unternehmensübernahmen. Staatsminister Hans Martin Bury, der die Kommission leitet, sprach am Donnerstag von einer "ausgezeichneten Grundlage" für die Erarbeitung eines Übernahmegesetzes.

Als "weiteren Schritt zur Modernisierung Deutschlands" verkauft die Bundesregierung die Ergebnisse einer Expertenkommission zur Regelung von Unternehmensübernahmen. Staatsminister Hans Martin Bury, der die Kommission leitet, sprach am Donnerstag von einer "ausgezeichneten Grundlage" für die Erarbeitung eines Übernahmegesetzes. Bury zufolge könne das Gesetz zu Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten. Die Kommission, die sich, wie berichtet, am Mittwoch abend auf die so genannten Eckpunkte verständigt hatte, unterstrich die Interessen von Minderheitsaktionären und Arbeitnehmern im Falle einer Übernahme. Dabei käme der Mitbestimmung "besondere Bedeutung" zu. Ein erfolgreiches Zusammenwachsen von Unternehmen setze die Akzeptanz der Beschäftigten voraus. "Gerade die Arbeitnehmer sind in einer Wissensgesellschaft unser wichtigstes Kapital", sagte Bury. Wir dokumentieren in Auszügen die Eckpunkte des künftigen Übernahmegesetzes.

Gesetzliche Regelung

Die Bundesregierung soll zügig ein Übernahmegesetz erarbeiten, das zu Beginn des Jahres 2001 in Kraft tritt. Für das Gesetz bietet der kurz vor der Verabschiedung stehende Entwurf der europäischen Übernahmerichtlinie eine gute Grundlage.

Plichtangebot

Werden 30 Prozent der Stimmrechtsanteile an einer Gesellschaft erworben, löst dies die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots an alle Aktionäre aus. Ausnahmen bestätigen die Regel: Etwa dann, wenn trotz Überschreitens der 30-Prozent-Schwelle keine Kontrolle ausgeübt wird oder wegen besonderer Umstände ein Pflichtangebot nicht angezeigt ist (Sanierungsfälle, Familiennachfolge).

Gegenleistung des Bieters: Wertpapiertausch und Barangebot

Dem Bieter steht es frei, als Gegenleistung für den Erwerb von Anteilen der Zielgesellschaft Aktien anzubieten. Die angebotenen Aktien müssen jedoch liquide und an einer Börse im Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen sein. In folgenden Fällen wird der Bieter allerdings zu einem Barangebot für alle Aktionäre verpflichtet: Wenn er innerhalb der letzten sechs Monate vor Abgabe des Übernahmeangebots in nicht unerheblichem Umfang Aktien gegen Geldzahlung erworben hat oder während eines Übernahmeverfahrens Aktien gegen Geldzahlung erwirbt.

Höhe der Gegenleistung des Bieters / Preisregelung

Der Wert der Gegenleistung des Bieters muss mindestens dem durchschnittlichen gewichteten Börsenpreis der Aktien der Zielgesellschaft in den letzten sechs Monaten entsprechen. Hat der Bieter innerhalb der letzten sechs Monate Aktien der Zielgesellschaft erworben, hat sich der Wert der Gegenleistung an dem höchsten vom Bieter bezahlten Preis zu orientieren.

Unterrichtung der Aktionäre und Arbeitnehmer der Zielgesellschaft

Der Bieter wird verpflichtet, über die Übernahme und deren Auswirkungen in einer Angebotsunterlage in deutscher Sprache umfassend zu unterrichten. Angaben sind insbesondere zu machen über die Finanzierung des Angebots und die finanzielle Lage des Bieters nach der Übernahme, sowie über Pläne zur zukünftigen Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft. Dazu gehören insbesondere die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen.

Verhalten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft

Vorstand und Aufsichtsrat sollen während des Übernahmeverfahrens Handlungen unterlassen, die geeignet sind, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern. Das Zielunternehmen darf aber nach einem anderen, attraktiven Angebot ("weißer Ritter") suchen. Erlaubt sind ferner Abwehrmaßnahmen aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung während des Übernahmeverfahrens. Dem Bieter werden Leistungen an den Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit der Übernahme gesetzlich untersagt.

Zügiges Verfahren

Das Angebot ist der Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Ankündigung einer Übernahme zu übermitteln und im Anschluss an die aufsichtliche Überprüfung unverzüglich zu veröffentlichen. Die Annahmefrist ist gründsätzlich auf sechs Wochen zu beschränken. Die Ladungsfristen zur Einberufung der Hauptversammlung sind auf zwei Wochen zu verkürzen.

Wirksame Aufsicht

Übernahmen werden durch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) überwacht. Beim BAWe wird ein Übernahmerat eingerichtet, dem Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Anleger und der Arbeitnehmer angehören.

Sanktionen

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ist durch Sanktionen (Ruhen der Stimmrechte des Bieters, Verzinsung der vom Bieter den Mehrheitsaktionären geschuldeten Gegenleistung, Bußgelder) sicherzustellen.

Squeeze-out-Regelung

Um den Erwerb aller Aktien eines Unternehmens zu ermöglichen, sollen ab einer Schwelle von 95 Prozent verbleibende Aktionäre vom Erwerber abgefunden werden können (Squeeze-out-Regelung).

alf

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