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Wirtschaft: „Ein Sieg des Rheinischen Kapitalismus“

Internationale Blätter zum Urteil: „Financial Times“ sieht Reformbedarf, „New York Times“ Wendepunkt

Berlin Der Prozess um die Millionenabfindungen bei Mannesmann ist im Ausland mit großen Interesse verfolgt worden. Ging es doch auch um die Frage, ob damit der Standort in Misskredit gebracht wird. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann war jedenfalls lange Zeit dieser Ansicht. Nur in Deutschland werde derjenige vor Gericht gezerrt, der Werte schaffe, beklagte sich der Banker.

Die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ kommentiert am Freitag das Urteil lakonisch mit dem „Sieg des Rheinischen Kapitalismus“. Das deutsche Modell, das auf Konsens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgerichtet sei, ist nach Meinung des Blattes dringend überholungsbedürftig. Die Milliarden schweren Abfindungen bei Mannesmann, der den Prozess ausgelöst hatten, würden in Deutschland als Ausreißer gewertet. Dabei seien die Konsumenten und die Arbeitslosen in Deutschland eigentlich unter dem kooperativen Modell schlecht gefahren. Vom Erfolg des britisch-amerikanischen Kapitalismus hätten sie dagegen profitiert.

Das Wall Street Journal Europe beließ es bei einem Kurzkommentar in der Finanzzeitung. „Ackermann scheint der Appetit auf Konfrontationen vergangen zu sein. Während des Prozesses hat seine Kritik an der deutschen Wirtschaft und ihren Corporate-Governance-Regeln nachgelassen, bis sie sogar ganz unterblieb“, stellen die Amerikaner fest.

Für die „Neue Zürcher Zeitung“ war es zwar ein Strafprozess, aber zur Debatte standen eigentlich Fragen, die den „normale Interessenkonflikt zwischen Aktionären und Managern betreffen“. Der Freispruch lasse viele Fragen offen, die „abseits des Strafrechts im Zusammenhang mit der Qualität der Aufsicht und mit der Kontrolle der Konzernführung durch die Aktionäre aufgetaucht sind.“ Für die „New York Times“ hat Ackermann in einem historischen Verfahren einen „Schlag auf das Handgelenk“ erhalten. Der Prozess sei das deutsche Pendant zu den US-Prozessen gegen Martha Stewart und den Enron-Konzern gewesen. Es könnte ein Wendepunkt im Umgang mit der Unternehmensführung in Deutschland erreicht worden sein, vermutet das Blatt. Auf Standortfragen geht die Zeitung nicht weiter ein, sondern beschäftigt sich vielmehr mit den Auswirkungen von Ackermanns Freispruch auf die Deutsche Bank. fo/kwi/ny

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