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Wirtschaft: Ein Wegweiser durch den Dschungel auf dem Kurszettel

Bei weit über 500 verschiedenen Werten allein auf dem deutschen Kurszettel können Makler, Händler und Anleger unmöglich die Kursentwicklung jedes einzelnen Papiers im Auge behalten. Trotzdem wollen alle Börsenteilnehmer wissen, wie die allgemeine Tendenz am Markt ist.

Bei weit über 500 verschiedenen Werten allein auf dem deutschen Kurszettel können Makler, Händler und Anleger unmöglich die Kursentwicklung jedes einzelnen Papiers im Auge behalten. Trotzdem wollen alle Börsenteilnehmer wissen, wie die allgemeine Tendenz am Markt ist. In diesem Falle hilft ein Index. Denn ein gut zusammengesetzter Index sollte den jeweiligen Markt widerspiegeln. Die Indexidee ist simpel: Eine bestimmte Anzahl von Aktien (oder Anleihen) wird zu einem aussagekräftigen Korb zusammengestellt. Der Deutsche Aktienindex etwa hat 30 sogenannte Blue Chips im Korb. Die Aktien sollen die wichtigsten Branchen vertreten und müssen bei Marktkapitalisierung und Börsenumsatz zu den 35 zugkräftigsten Werten gehören. Am Punktestand des Dax können die Börsianer erkennen, wie es um den deutschen Aktienmarkt bestellt ist.Doch Indizes dienen nicht nur als Stimmungsbarometer, sondern auch als Vergleichsmaßstab, als sogenannte Benchmark. Viele Fondsmanager werden danach beurteilt, ob sie es geschafft haben mit ihrem eigenen Portfolio den Dax zu schlagen. Das gelingt nur allerdings wenigen. Immerhin sind die 30 attraktivsten Werte im Dax vertreten. Sollten auch Privatanleger Indizes wie den Euro Stoxx 50, den Dow-Jones-Index oder den Dax als Maßstab für das eigene Anlegerverhalten heranziehen?Michael Schubert, Leiter der Aktienstrategie bei der Bankgesellschaft Berlin jedenfalls ist überzeugt, daß ein Index bei der Orientierung helfen kann: Die Werte, die auch im Index vertreten sind, holt sich der Anleger in sein privates Depot. Das machen auch die institutionellen Anleger nicht anders. Bei manchen Fonds ist es sogar das erklärte Ziel, den ausgesuchten Index 1 : 1 abzubilden. Für eigene Ideen bleibt da wenig Platz. Deswegen heißen solche Fonds auch passive Fonds. Rückt ein neuer Wert in den Index auf, ist für viele Fondsmanager der Titel ein Pflichtkauf. Das erklärt etwa das sprunghaft gestiegene Interesse an Fresenius Medical Care (FMC). FMC galt bereits Wochen vor der offiziellen Verkündung als heißester Favorit für den Dax. Die Zugehörigkeit zum elitären Kreis der Dax-Mitglieder fördert die Bekanntheit und das Image der Aktie und weckt so auch die Aufmerksamkeit ausländischer Anleger.Die Orientierung an einem Index unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von dem im Fachjargon bezeichneten "Stock-Picking", dem gezielten Heraussuchen einzelner Werte. "Beim Stock-Picking muß der Anleger die Unternehmensstory gut kennen", erklärt Schubert, "beim indexorientierten Vorgehen muß er den Markt beobachten." Für Kleinanleger, die in langfristigen Kategorien denken, eine durchaus interessante Vorgehensweise. Die Index-Strategie bietet speziell für private Anleger, die nicht so viel Zeit in die Beschaffung von Börseninfos investieren können, gewisse Vorteile. Das Risiko ist meistens geringer als beim Stock-Picking, denn der Teilnehmer setzt auf einen ganzen Markt, Abschläge bei einzelnen Werten werden da gut verkraftet. Die Rendite ist trotzdem ordentlich. Zudem spart der Index-Stratege Gebühren, die bei einem hektischen Raus- und Reingehen aus dem Markt anfallen würden. Die Index-Variante empfiehlt sich also für den bequemen Anleger.Börsianer, die den Kick suchen, finden das natürlich fad. "Für Anleger, die Spaß haben wollen und sich durch die Auswahl ihrer Werte bestätigt sehen möchten, ist die Index-Strategie sicher nicht geeignet", meint Volker Bien, technischer Aktienanalyst bei der BHF-Bank. Aber dafür werden die Nerven ein wenig geschont.Doch warum sollen Kunden, die selbst beim Aktienkauf Wert auf Sicherheit legen, nicht gleich in einen Fonds gehen? "Um mehr Spielraum zu haben", erklärt Schubert von der Bankgesellschaft Berlin. "Beim Fonds überlasse ich das Spiel ganz dem Fondsmanager. Wer sich aber am Index orientiert und sein eigenes Depot aufbaut, hat immer noch die Möglichkeit, Werte mit einer guten Performance einzukaufen." Und: Titel, die ihm nicht gefallen, kann der Anleger wieder rausschmeißen.Auf welchen Index aber soll ein Kleinanleger aber setzen? "Er soll auf den Markt setzen, den er gut kennt", empfiehlt Experte Schubert. Volker Bien von der BHF-Bank setzt auf den Deutschen Aktien Index. "Der Dax hat viele Exporttitel im Korb. Da der Euro zur Zeit relativ schwach ist, profitieren davon viele Unternehmen, die ins Ausland exportieren. Das zeigt sich dann auch im Dax." Kunden, denen die Risikominimierung wichtig ist, sollten sich mit dem Euro Stoxx 50 beschäftigen. Die Verteilung auf Länder und Branchen ist darin breit gestreut. "Wichtig ist, daß der ausgewählte Index am Markt akzeptiert ist. In diesem Fall können die Fondsmanager ihre Anlagen durch Optionsgeschäfte absichern", sagt Analyst Bien. Hintergrund: Je breiter der Derivatehandel ist, desto kostengünstiger können die Profis ihr Portfolio gegen Risiken abfedern.Um die Marktakzeptanz eines Index wird hart gerungen - vor allem im gemeinsamen Kapitalmarkt in Euroland. Das zeigt das jüngste Beispiel, der Kampf zwischen Euro Stoxx 50 und dem Angreifer aus Großbritannien, dem Euro Star (siehe Artikel auf dieser Seite). Die Zusammensetzung der Indizes unterscheidet sich. Bisher haben die Anleger beim Euro-Star noch nicht angebissen, der Euro Stoxx 50 ist hingegen bereits etabliert. Doch der Index-Konstrukteur FTSE International, der den Euro-Star kreiert hat, gibt nicht auf. Schließlich geht es auch im Index-Geschäft um viel Geld. Dienen doch die Indizes als Basis für zahlreiche Investmentprodukte wie Indexzertifikate und Optionsscheine. Dafür müssen die Finanzhäuser hohe Gebühren an die Indexanbieter zahlen. Ein lohnendes Geschäft, das sich kein Anbieter entgehen läßt.

SIMONE MATTHAEI

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