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Verwirrend. Viele Händler präsentieren Packungen mit Endpreisaufdruck neben Packungen mit 100-Gramm-Preis in gleicher Schriftgröße.

© Stengel

Einkauf im Supermarkt: Preisangaben verwirren viele Verbraucher

Ein Regal, drei Bezugsgrößen: Viele Supermärkte machen es den Kunden schwer, sich zu orientieren. Das kann an der Kasse teuer werden.

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Das ist ja mal ein günstiger Preis für Biofleisch, denkt sich der eilige Supermarktkunde, der im Kühlregal ein Päckchen Bio-Hähnchenbrustfilet für 2,89 Euro entdeckt. Also ab in den Einkaufswagen zu den anderen Zutaten. An der Kasse wundert er sich, warum der Einkauf so teuer ist. Ein Blick auf den Kassenzettel verrät den Grund: Die kleine Fleischeinlage für die Suppe hat 7,75 Euro gekostet. Die 2,89 Euro waren nur der Grundpreis pro hundert Gramm.

Ganz schön verwirrend sind im Lebensmittel-Einzelhandel mithin die Preiskennzeichnungen auf Packungen und an den Regalen. Kilopreise prangen neben Endpreisen, im geschilderten Fall stand auf dem Schild im Kühlregal bei der Supermarktkette Rewe dick und fett „2,89“, als wäre das der Endpreis. Darunter, im Kleingedruckten, die Mengenangabe „100 g“ – und nicht etwa „pro 100 g“. Und noch etwas kleiner der Hinweis: „Endpreis auf Ware“.

Käufer, die ihre Lesebrille vergessen haben, unter Zeitdruck nicht so genau hinschauen oder schlicht schlecht im Schätzen von Mengen sind, gewinnen so schnell der Eindruck, man habe eine 100-Gramm-Packung vor sich. Zumal direkt daneben Waren mit genauso großen Preisangaben liegen, die aber tatsächlich den Endpreis angeben.

Ausnahmen für Kosmetika und Parfüms

Verbraucherschützer haben lange dafür gekämpft, dass neben dem Endpreis auch der Grundpreis von Lebensmitteln genannt werden muss, damit die Kunden besser vergleichen können. Seit September 2000 schreibt die deutsche Preisangabenverordnung vor, dass bei Waren neben dem Endpreis – dem Verkaufspreis – grundsätzlich auch der Grundpreis zu nennen ist. Damit sind die Kosten für eine bestimmte Mengeneinheit gemeint, also zum Beispiel pro Kilogramm, pro Liter oder pro Quadratmeter. Bei Waren, die üblicherweise nicht schwerer als 250 Gramm sind, darf als Grundpreis aber auch der 100-Gramm-Preis angegeben werden. Für Waschmittel reichen die Kosten pro Waschgang. Andere Ausnahmen gelten zum Beispiel für bestimmte Kosmetika oder Parfüms sowie für Waren, die über Automaten verkauft werden.

„Alle Grund- und Endpreisangaben müssen leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar“ sein, heißt es in der Preisangabenverordnung. „Im Beispielfall ist der Grundpreis aufgeführt, und auch die Bezugsgröße gut lesbar“, urteilt Axel Haentjes, Leiter Lebensmittelrecht beim Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Auch Verbraucherschützer können sich über einen verschleierten Grundpreis in diesem Fall nicht beschweren. Allerdings darf nach ergänzenden Vorschriften der Grundpreis auch nicht gegenüber dem Endpreis hervorgehoben werden – ein 150-Gramm-Joghurtbecher etwa darf nicht vornehmlich mit dem günstigeren 100-Gramm-Preis beworben werden. Vielerorts aber ist das wie im Beispiel der Fall, wie ein Rundgang durch andere Supermärkte zeigt: Auch dort muss man häufig genau hinschauen, was die groß gedruckten Preisangaben auf den Regal-Etiketten jeweils bedeuten.

"Der Preis variiert von Packung zu Packung"

Haentjes zufolge handeln die Supermärkte in solchen Fällen aber „notgedrungen: „Ein Hähnchenschenkel hat nunmal nicht immer das gleiche Gewicht“, sagt der Branchenvertreter. „Wenn der Preis von Packung zu Packung variiert, können die Händler eben keinen Endpreis am Regal ausschildern.“ Das gelte im Prinzip für alles, was individuell abgepackt wurde – Fleisch, Käse, Feinkost, auch Obstportionen. Ein Sprecher der Verbraucherzentrale Bremen hält aber dagegen: „Natürlich muss der Endpreis klar erkennbar sein.“ Ein Dilemma der Verbraucherschutzpolitik also: „Wir üben normalerweise Kritik, wenn die Schrift des Grundpreises zu klein ist“ – nicht zu groß, wie am Hähnchenregal.

Das Unternehmen Rewe findet seine Praxis in Ordnung. „Wir verhalten uns völlig gesetzeskonform“, sagte ein Sprecher. „Und wir haben noch nie erlebt, dass sich jemand dadurch veräppelt fühlt.“ Die Verbraucherzentralen dagegen hören öfter, dass Kunden sich ärgern, weil sie am Ende eines Einkaufs mehr bezahlen, als sie geplant hatten. „Speziell bei einer wachsenden Zahl von älteren Menschen sollten die Einzelhändler sich bemühen, keine Missverständnisse aufkommen zu lassen“, appellieren die Organisationen. Rechtlich gleichwohl zwingt die Verkäufer niemand zum Handeln. Die groß gedruckten Niedrigpreise dürften ihnen auf jeden Fall zupasskommen – weil sie so manchen zugreifen lassen, der sich sonst anders entschieden hätte.

Dass es sehr wohl kundenfreundlicher geht, belegt ein Besuch der Discounterkette Lidl: Fleischportionen uneinheitlichen Gewichts werden dort in einer Kühltruhe unter einem großen Schild angeboten, auf dem kleingedruckt der Kilo-Grundpreis steht. Während darüber groß zu lesen ist: „Preis siehe Packung“.

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