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© promo

Electronic-Arts-Chef Olaf Coenen: „Die Deutschen mögen Tiefgang“

Der Deutschlandchef von Electronic Arts über neue Computerspiele, das Weihnachtsgeschäft und wie wir in Zukunft spielen.

Herr Coenen, was wird bei Ihnen unterm Weihnachtsbaum gespielt?



Heiligabend spielen wir keine Computerspiele. Aber wir schenken uns natürlich welche. Ich habe mir ein Spiel von Sony mit einem virtuellen Haustier gewünscht, das ich gemeinsam mit den Kindern spielen kann.

Sie wünschen sich ein Spiel von der Konkurrenz?

Ich muss ja auch sehen, was die Wettbewerber machen.

Was läuft bei Ihnen am besten?

Das ist unsere Fußballsimulation „Fifa“, einer der großen Hits 2009. Davon haben wir allein über 300 000 Spiele in der ersten Woche verkauft. Kein anderes Unterhaltungsprodukt in Deutschland ist in diesem Jahr so erfolgreich gestartet. Wir setzen stark auf das Thema Fußball, aber wir haben auch für andere Zielgruppen spannende Angebote – zum Beispiel im Bereich Fitness.

Wann kommt das Spiel zur Fußball-WM in Südafrika?

Sie können davon ausgehen, dass wir rechtzeitig – also einige Wochen vor der WM – das Spiel am Start haben werden.

Wie läuft das Weihnachtsgeschäft?

Computer- und Videospiele stehen ganz oben auf den Wunschlisten. Insgesamt erlebt die Branche ein starkes Weihnachtsgeschäft in Deutschland. Hinzu kommt, dass wir als Firma mit unseren Produkten 2009 deutlich Marktanteile hinzugewinnen konnten. Wir liegen jetzt bei 20 Prozent und damit auf Platz eins. Wir hoffen natürlich, dass sich dieser Trend bis Ende des Jahres fortsetzen wird.

Läuft es besser als im Vorjahr?


Ich gehe davon aus, dass die Branche ein stärkeres Weihnachtsgeschäft sehen wird als im vergangenen Jahr. Das liegt vor allem daran, dass es bei den Konsolen der neuesten Generation in den vergangenen Monaten Preissenkungen gegeben hat. Immer mehr Kunden steigen auf die neuen Modelle um, was dann wiederum dazu führt, dass auch mehr Spiele für diese Konsolen gekauft werden.

Wie stark wird das Wachstum sein?

Das ist schwierig zu sagen. In der ersten Jahreshälfte ist die Branche um ein Prozent gewachsen. Wir gehen davon aus, dass das Wachstum auch im Gesamtjahr positiv sein wird.

So richtig brummt das Geschäft also nicht. Woran liegt das?


Die ganze Welt steckt in einer Krise, die sich natürlich auch in unserer Branche niederschlägt. Im Vergleich zu anderen Unterhaltungsbranchen können wir zufrieden sein, dass wir noch wachsen.

Läuft das Geschäft hierzulande besser als anderswo?

In Nordamerika sind die Umsätze der Branche in diesem Jahr stark rückläufig. Diese Entwicklung haben wir bisher in Deutschland nicht.

Aber der Markt ist relativ klein. Warum sind die Deutschen nicht so verspielt?


Bereits jeder vierte Bundesbürger spielt regelmäßig an Konsole oder PC. Aber im internationalen Vergleich ist Deutschland in dem Bereich noch Entwicklungsland. In den USA und England gibt es praktisch bereits in jedem Haushalt eine Spielkonsole, in Deutschland sind es nur rund ein Viertel der Haushalte. Auch hat Deutschland am weltweiten Umsatz der Branche nur einen Anteil von vier Prozent. Wenn man sich die Bedeutung der Volkswirtschaft anschaut, müsste diese Zahl bei acht Prozent liegen.

Vielleicht gefallen den Deutschen die Spiele nicht, die sie verkaufen?

Ich denke, wir haben noch einen erheblichen Erklärungs- und Missionierungsbedarf. In vielen Haushalten gibt es noch immer große Sorgen, was den Umgang mit Computer- und Videospielen angeht. Es sind Unterhaltungsprodukte, die in erster Linie viel Spaß bringen und nicht mit Problemen behaftet sind. Die meisten sind für die ganze Familie geeignet. Diese Erkenntnis ist noch nicht überall durchgedrungen.

Gegen Familienspiele am Computer hat ja niemand etwas, oder doch?


Als Mitarbeiter einer Computerspielefirma stellt man immer wieder fest, dass man in Deutschland viel öfter kritischen Fragen gegenübersteht, als das in anderen Ländern der Fall ist.

Glauben Sie nicht, dass brutale Spiele Menschen zu Gewalttaten verleiten können?

Solche Spiele, die Sie brutal nennen, richten sich an die Zielgruppe der Erwachsenen. Sie machen nur zehn Prozent des Gesamtmarktes aus. Die ganz große Mehrheit der Spiele ist für Kinder und Jugendliche total unbedenklich. Daneben gibt es Unterhaltung für Erwachsene – genauso wie es sie im Kino, in Büchern oder im Fernsehen gibt. Solche Spiele gehören nicht in die Hände von Jugendlichen. Auf der anderen Seite glauben wir aber nicht, dass Erwachsene zu Amokläufern werden oder Gewalttaten begehen, wenn sie solche Spiele spielen.

Welche Spiele sind typisch deutsch?

Es gibt Spiele, die funktionieren weltweit, wie etwa das Autorennspiel „Need for Speed“. Aber die Deutschen achten sehr darauf, ob sich die deutschen Automarken auch in dem Spiel wiederfinden und grafisch richtig dargestellt sind. Und Simulationsspiele faszinieren die Deutschen besonders, wie etwa die „Sims“. Das ist eine Art Lebenssimulation, bei der man komplexe Sachverhalte am Bildschirm steuern kann. Bei den „Sims“ liegen wir bei den Verkaufszahlen weltweit ganz vorn. Die Deutschen mögen Spiele, die besonders viel Tiefgang haben. Ein weiteres Beispiel wäre der „Fußball-Manager“, bei dem es um Managementqualitäten geht. Übrigens ist das ein Spiel, das in Deutschland entwickelt worden ist.

Wie groß ist der Anteil der Spiele, die in Deutschland entwickelt wird?

Der Großteil der Spiele wird international entwickelt – zum maßgeblichen Teil außerhalb Deutschlands. Die großen Entwicklerstudios gibt es in den USA, Kanada, England, Frankreich und Osteuropa. Aber einzelne Leuchttürme wie etwa die Firmen Crytek und Bright Future zeigen, dass Spielentwicklung auf Weltniveau in Deutschland möglich ist. Aber die deutsche Entwicklerszene ist noch nicht dort angekommen, wo sie sein sollte.

Woran fehlt es?

Es ist ein Problem der gesellschaftlichen Akzeptanz. Darüber hinaus gibt es hier weder die Ausbildungslandschaft noch eine etablierte Entwicklerszene. Deswegen wandern talentierte Leute ab.

Liegt die Zukunft des Videospiels tatsächlich in Computer und Konsole oder nicht viel mehr im Internet?

Die Anzahl der Endgeräte, auf denen man spielen kann, ist wesentlich breiter geworden – es gibt eine Vielzahl von Konsolen, es gibt den PC und mobile Endgeräte, wie etwa Handys. Aber auch die Bedeutung von Spielen im Internet und in sozialen Netzwerken, wie etwa Facebook, nimmt zu. Es reicht also nicht mehr, sich auf eine Plattform oder ein Endgerät zu konzentrieren. Sie können davon ausgehen, dass einige der bekannten Produkte von Electronic Arts bald auch in den sozialen Netzwerken zu sehen sein werden.

Wie werden wir in Zukunft spielen?


Die Wii-Konsole von Nintendo war bereits eine kleine Revolution. Man muss keine Knöpfe mehr drücken, sondern die Fernbedienung nimmt Bewegungen unmittelbar auf. Im nächsten Jahr werden wir ähnliche Entwicklungen bei Sony und Microsoft sehen. In Zukunft wird man gar kein Eingabegerät mehr brauchen, sondern eine Kamera am Fernseher erfasst das Wohnzimmer und die Spieler und man benutzt den ganzen Körper, um in das Spiel einzugreifen. Im nächsten Schritt, werden die Spiele dann dreidimensional.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Olaf Coenen (36) arbeitet seit 2005 bei Electronic Arts (EA) und ist seit Mai 2008 Geschäftsführer in Deutschland. Coenen studierte an der Universität Köln Betriebswirtschaft und promovierte in Wirtschaftsinformatik. Bevor er zu EA wechselte, war er drei Jahre lang Geschäftsführer einer Steuerfachschule.

Das kalifornische Unternehmen EA entwickelt und vertreibt Computer- und Videospiele und gehört zu den weltweit größten Unternehmen der Branche. Hierzulande beschäftigt EA 140 Mitarbeiter. Der Deutschlandsitz ist Köln.

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