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Energie: "Annähernd emissionsfrei"

Vattenfall nimmt in Spremberg sein erstes Pilotprojekt zur umweltfreundlichen Kohleverbrennung in Betrieb. Das anfallende Kohlendioxid wird gepresst und abtransportiert.

Spremberg - Seit Dienstag ist in Spremberg (Spree-Neiße) das weltweit erste Kraftwerk, das Braunkohle annähernd CO2-frei zu Strom macht, in Aktion. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nahm es zusammen mit der Spitze des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall in Betrieb. Zumindest in der verhältnismäßig kleinen Pilotanlage wird der größte Teile des klimaschädlichen Kohlendioxids nun nicht mehr durch den Schornstein geblasen, sondern in Tanklaster gepresst und abtransportiert.

„Heute schreiben wir Industriegeschichte“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Europe, Tuomo Hatakka, vor der Einweihung. Hatakka betonte nochmals, dass sich das Unternehmen mit der Entwicklung der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) erst am „Anfang einer Marathon-Strecke“ befinde.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis die Anlage auf dem Betriebsgelände Schwarze Pumpe in Spremberg fertiggestellt war. 70 Millionen Euro hat der schwedische Konzern bislang investiert. 20 bis 30 weitere Millionen Euro werden es in den kommenden Jahren sein, kündigte Josefsson an. In Jänschwalde, östlich von Cottbus, solle im Jahr 2015 ein weiteres Kraftwerk mit CCS-Technologie „annähernd emissionsfrei“ ans Netz gehen, für das Vattenfall eine Milliarde Euro veranschlagt. In Norwegen und Dänemark laufen weitere Versuchsprojekte mit verschiedenen Technologien der Abscheidung. „Wir sind bereit, noch viele Milliarden zu investieren. Dazu ist allerdings die Partnerschaft mit der Politik notwendig“, sagte Josefsson, der Deutschland in Aussicht stellte, bei der Innovation von CO2-Abscheidungstechnologie weltweit eine führende Rolle einzunehmen.

In der EU liefen für Public-Private-Partnership – also Projekte, die die Kooperation von Industrie und Politik ermöglichen – schon die ersten Vorbereitungen zur Festlegung finanzieller Rahmenbedingungen, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Weil das Land auch in Zukunft eine führende Rolle in der CCS-Technologie einnehmen wolle, „machen wir über alle Kanäle Druck in Brüssel“, erklärte der CDU-Politiker.

Die Anlage in Spremberg sei indes schon in den vergangenen Tagen erfolgreich gelaufen, berichtete Hubertus Altmann, Technologie-Chef bei Vattenfall. Annähernd 99 Prozent Reinheit habe das CO2 der Pilotanlage, das bereits während des Testbetriebs abgeschieden wurde.

Der springende Punkt bleibt aber die Konzeption und die Sicherheit des Transports und der Speicherung. Im brandenburgischen Ketzin laufen noch die Versuche für die Speicherung des flüssigen CO2. Dort wird das Gas drei Kilometer unter der Erde eingelagert.

Im großen Maßstab soll künftig das abgesonderte CO2 in ehemaligen unterirdischen Erdgas-Lagerstätten in der Altmark (Sachsen-Anhalt) eingepresst werden. Die Experten versprechen sich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Denn mit dem Druck, den das eingedrückte Kohlendioxyd in den Kammern aufbaut, soll auch das noch nicht geförderte Erdgas herausgepresst werden.

Die Frage der Lagerung ist jedoch nicht zu 100 Prozent geklärt, was Umweltaktivisten, Naturschutzverbände und die Grünen alarmiert. 100 000 Tonnen des CO2 soll das nun angeschlossene Pilot-Kraftwerk abscheiden, in Jänschwalde sollen es sogar eine Million Tonnen jährlich sein. Doch bis Reservoirs genehmigt sind, wird das Gas mit Tanklastzügen zu Abnehmern in der Nähe gebracht. Die Transporter setzen ebenfalls CO2 frei – auch wenn die LKW mit Biodiesel fahren, worauf Technologiechef Assmann hinwies.

Die Abnehmer verwenden das CO2 als Kühlmittel oder für chemische Prozesse. So entweiche das Gas zunächst wieder in die Atmosphäre, räumte ein Experte der Firma Linde ein. Der Technologiekonzern ist für Vattenfall am Abtransport des CO2 und an der Planung des Altmark-Projekts beteiligt. Solange noch kein sicheres Lager eingerichtet ist, bleibt CCS daher erst einmal nur ein Versprechen.

Andreas Wilhelm

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