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Wirtschaft: Energiefachmann Gerhard Schröder tritt auf

Der Altkanzler hält einen Vortrag an der Kölner Universität. Die Lobbyarbeit für seine Pipeline beginnt

Köln - Gerhard Schröder ist zurück. Und er ist noch ganz der Alte. Bedächtig wählt er seine Worte, legt seine Stirn von Zeit zu Zeit in bedrohliche Falten und lässt den Blick schweifen. Sein neuer Job als Aufsichtsratsvorsitzender des Ostsee-Pipeline-Konsortiums Nord Stream hat den Altkanzler am Dienstag an das Rednerpult der Energiekonferenz des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln geführt. „Internationale Kooperation in der Energiewirtschaft“ lautet sein Thema.

Die Zuhörer im Gürzenich-Saal, überwiegend fein gekleidete Herren aus den Energieunternehmen der Republik, spendeten zwar nur knappe zehn Sekunden Applaus und damit nur einen Bruchteil dessen, was Schröder von einstigen Parteitagen gewohnt ist. Aber sie waren ganz zufrieden mit dem Wirtschaftsmann Schröder. „Er war so, wie man ihn kennt: bestimmt und von seiner Sache überzeugt“, meint etwa Hanns Hannich, Manager eines Energieunternehmens aus München. „Und einiges kann man schon unterschreiben: Etwa, dass es sicher besser ist, mit Russland in einem guten Kontakt zu sein als im Kalten Krieg.“

Dementsprechend deutlich ermahnt Schröder die Europäische Union, in Energiefragen mit Russland zu kooperieren – vor allem beim Bau der Ostsee-Gas-Pipeline, für die sich die Betreibergesellschaft Nord Stream stark macht und die Schröder zufolge „wie vorgesehen“ ab 2008 gebaut werden soll. Ab 2010 soll dann Gas durch die Pipeline vom russischen Wyborg bis in die Nähe von Greifswald fließen. Profitieren dürfte davon der russische Gaskonzern Gasprom, der mit 51 Prozent die Aktienmehrheit an Nord Stream hält und Schröder im Jahr 2006 zum Manager bei Nord Stream gemacht hat. Pikant: Schröder hatte als Bundeskanzler selbst die Grundvoraussetzungen für das Projekt geschaffen.

In Köln wirbt der Gasprom-Mann Schröder für die Pipeline so gewandt, wie er als Kanzler die Hartz-Reformen verteidigte: Ökologisch sensible Zonen und Schifffahrtswege seien ebenso umgangen worden wie Gebiete, die „besonderen Freizeitzwecken“ dienen. „Präsident Putin hat Europa die Hand gereicht und deutlich gemacht, dass Russland ein strategisches Interesse an seinen Beziehungen zu Europa hat“, sagt er. „Deswegen würde die EU eine großartige Chance verpassen, wenn sie auf diese Offerte nicht rasch eine gemeinsame Antwort fände.“ Ein „stabiles, selbstbewusstes und damit verlässliches Russland“ sei eine der Voraussetzungen für „Frieden und Wohlergehen“ in Europa. Polens Widerstand gegen die Pipeline scheine keine sachlichen Gründe zu haben, sagt Schröder und fordert, dass die EU sich nicht zur Geisel einer anti-deutschen und anti-russischen Politik in Polen machen lassen dürfe. Es dürfe nicht dazu kommen, dass ein einzelnes Land zentrale, für die EU wichtige Entscheidungen verhindere.

Lange hält es ihn nicht in Köln. In Basta-Manier fertigt er ein paar Journalisten ab und springt – auf dem Podium hat Eon-Chef Wulf Bernotat seinen letzten Satz kaum beendet – ungeduldig auf, um die Tagung zu verlassen. Zwar gelingt es der Moderatorin, ihn noch mal aufzuhalten, doch für Schröder ist die Diskussion vorbei: Er fällt der Moderatorin ins Wort, doziert noch einmal schnell über Putin, Russland und das Kapital und entschwindet: „Das war nun mein Schlusswort.“

Solche Auftritte werden sich mehren. Am 26. September hält der Altkanzler beim „Zeit-Forum der Wirtschaft“ einen Vortrag und nimmt an einer Podiumsdiskussion über „Die russische Herausforderung“ teil. Auch wenn Schröder immer noch der Alte ist, wird das wohl erstmal sein Hauptthema bleiben. Denn in Köln ließ der Altkanzler wissen, dass er nicht an eine Rückkehr in die Politik denke. Schröder: „Niemand muss Angst haben vor meinen politischen Aktivitäten.“

Jens Tönnesmann

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