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Auch ästhetisch gelungen. Das Kriminalgericht Moabit in Berlin ist mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II energetisch saniert worden.

© Thilo Rückeis

Energiepolitik: Sanfter Sparzwang zur Energieeffizienz

Die EU-Staaten sollen verpflichtet werden, jedes Jahr drei Prozent ihres öffentlichen Gebäudebestandes energetisch zu sanieren. Energiekommissar Oettinger legt eine Effizienzrichtlinie vor – und Wirtschaftsminister Rösler protestiert.

Bis 2020 sollen die Europäer 20 Prozent weniger Energie verbrauchen als 2005. So hat es Angela Merkel (CDU) 2007 als Klimakanzlerin in Brüssel durchgesetzt. Doch im Gegensatz zur verpflichtenden Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 und dem Ziel, bis 2020 immerhin 20 Prozent der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien zu gewährleisten, ist das Effizienzziel nur freiwillig. Die jüngste Prognose der EU-Kommission zeigt, dass die Gemeinschaft lediglich bei einem Minus von neun Prozent landen wird, wenn nichts passiert.

Mit einer neuen EU-Richtlinie, die Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Brüssel vorgelegt hat, soll das Ziel doch noch erreicht werden. Darin sollen die EU-Staaten verpflichtet werden, jedes Jahr drei Prozent ihres öffentlichen Gebäudebestandes energetisch zu sanieren. Das sind immerhin zwölf Prozent des gesamten europäischen Gebäudebestands. Doch dazu müssten Bund, Länder und Gemeinden alle Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern auflisten, sanieren und die Fortschritte nach Brüssel melden, kritisierte Oettingers Parteifreund Herbert Reul, der Vorsitzende des Energieausschusses im Europaparlament: „Das ist knallharte Planwirtschaft ohne Rücksicht auf Wirtschaftlichkeit oder Praxiserfordernisse.“ Da dieser, bereits seit März kursierende Punkt beim jüngsten Treffen der EU-Energieminister auf heftige Kritik stieß, konterte Oettinger energisch: „Drei Prozent im Jahr bedeutet, dass wir in 33 Jahren damit durch sind. Wer weniger ehrgeizig ist, soll das Wort Energieeffizienz in Sonntagsreden am besten gar nicht mehr verwenden.“

Wie die Hauptstädte auf den zweiten Teil seines Planes reagieren werden, ist noch nicht ausgemacht. Oettinger will die Energieversorger (Gas, Strom, Heizöl) dazu verpflichten, jedes Jahr 1,5 Prozent weniger Energie zu verkaufen. Oettinger sagte, er rechne dabei mit der Unterstützung der Bundesregierung. Schließlich setze er damit den Wunsch des EU-Energiegipfels von Anfang Februar um. Allerdings äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Mittwoch kritisch zu Oettingers Plänen: „Starre Vorgaben wie eine feste Sanierungsquote für öffentliche Gebäude und die verbindliche Festlegung einer Energiesparquote von jährlich 1,5 Prozent lehne ich ab.“

Tatsächlich haben fünf EU-Staaten solche verbindlichen Sparvorgaben für Energielieferanten längst umgesetzt. In Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Flandern, also der Hälfte Belgiens, und in Italien hat die Regelung zu beträchtlichen Energieeinsparungen geführt. Malta plant Ähnliches. Praktisch sieht das so aus, dass die Energielieferanten beispielsweise „intelligente“ Stromzähler einbauen, mit denen Verbraucher ihr Nutzungsverhalten selbst kontrollieren können. Die Konzerne tauschen, zum Teil staatlich gefördert, Fenster und Lampen aus und ersetzen sie durch energiesparende Modelle. Teilweise finanzieren die Konzerne ihren Kunden auch die Haussanierung. Im Gegenzug können sie die Energiepreise anheben – aber nur auf ein Niveau, das die Gesamtbelastung des Kunden nicht steigen lässt.

Sollten die EU-Regierungen und das Europaparlament die Richtlinie, vermutlich mit Änderungen, umsetzen, würden statt den Versorgern die Staaten verpflichtet, nationale Effizienzpläne vorzulegen, die auf eine jährliche Senkung des Primärenergieverbrauchs um 1,5 Prozent hinauslaufen. Damit macht die Kommission diesen Teil der Richtlinie nicht verpflichtend, sondern lässt den Regierungen die Wahl, das Ziel auch auf anderem Weg zu erreichen. „Es gibt bewährte Umsetzungstechniken“, so Oettinger, „aber sie sollen nicht verpflichtend sein.“ Nach Angaben des Deutschen Naturschutzrings hat die Regierung diese Freiwilligkeitsklausel bei Oettinger durchgesetzt. „Deutschland müsste dann eigentlich gar nichts mehr tun“, kritisierte dessen Präsident Hubert Weinzierl: „Wirtschaftsminister Rösler kann dann die Hände in den Schoß legen und auf bestehende Programme wie die KfW-Förderung verweisen.“ mit deh

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