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Wirtschaft: Es sind immer noch 4 975 758

Der Beschäftigungsabbau scheint gestoppt – doch für eine echte Trendwende reicht der Aufschwung nicht

Berlin - Die Arbeitslosenzahl ist erstmals in diesem Jahr unter fünf Millionen gesunken, dennoch hat sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt insgesamt kaum verbessert. „Die wirtschaftlichen Impulse reichen noch nicht aus, um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzubauen“, sagte Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit, am Donnerstag in Nürnberg.

Im März waren rund 4,98 Menschen arbeitslos gemeldet – das sind 72 000 weniger als im Februar und 290 000 weniger als vor einem Jahr. Trotz des Rückgangs lasse die um diese Jahreszeit übliche Frühjahrsbelebung noch auf sich warten. So ist wegen des eisig kalten Wetters im März die Arbeitslosigkeit saisonbereinigt, also unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Einflüsse, deutlich gestiegen – um 30 000 auf 4,73 Millionen. „Die saisonale Entlastung wird sich erst im April deutlich zeigen“, sagte Weise.

Positiv bewertete Weise, dass die Arbeitsmarktzahlen der vergangenen Monate darauf hindeuten, dass zumindest der Abbau sozialversicherungspflichtiger Stellen gestoppt sei. Denn die Zahl der Menschen, die ihren Job verlieren und sich arbeitslos melden, sei kontinuierlich gesunken, schreibt die BA in ihrem aktuellen Monatsbericht. So gab es im März dieses Jahres beinahe eine viertel Million Arbeitslosengeld-I-Empfänger weniger als vor einem Jahr.

Während die Neuzugänge in die Arbeitslosigkeit rückläufig sind, steigt jedoch die Zahl der Langzeitarbeitslosen – sie machen mittlerweile 60 Prozent der Jobsuchenden in Deutschland aus. Als langzeitarbeitslos gilt, wer länger als zwölf Monate bei der Bundesagentur gemeldet ist und Leistung bezieht. „Erst wenn Beschäftigung gesamtwirtschaftlich wieder wächst, steigen auch die Chancen der Gruppen, die schon länger arbeitslos sind“, heißt es im BA-Bericht.

BA-Chef Weise kritisierte allerdings auch die Vermittlungsaktivitäten der Arbeitsgemeinschaften. Sie sind für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen zuständig und werden gemeinsam von Kommunen und regionalen Arbeitsagenturen betrieben. Die Bundesagentur werde sich dafür einsetzen, dass die Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften die vorhandenen Mittel zur aktiven Arbeitsförderung besser ausnutzten, sagte Weise. Ein verbessertes Kontrollsystem solle zudem stärker die Erfolge der Arbeitsgemeinschaften messen.

In Berlin und Brandenburg ging im März die Arbeitslosigkeit ebenfalls zurück. In der Hauptstadt suchten 310 363 Menschen eine Stelle. Das waren 3258 weniger als im Vormonat und 18 573 weniger als ein Jahr zuvor. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) nannte als einen Grund für das „spürbare“ Sinken der Arbeitslosenzahlen die anziehende Konjunktur. Die Stimmung in der hauptstädtischen Wirtschaft sei gut. Es würden Investitionen geplant und Wirtschaftsfördermittel verstärkt nachgefragt. Wolfs Fazit: „Das alles sind positive Frühindikatoren auf ein Wachstum der Berliner Wirtschaft.“ Der Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, Dieter Scholz, beurteilt die Situation auf dem regionalen Arbeitsmarkt allerdings deutlich skeptischer. Scholz verwies auf die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen. „Auch die fast 200 000 Minijobs allein in Berlin haben die Eingliederung der Arbeitslosen nicht gefördert“, sagte er.

Auch in der Bundesregierung wurden die jüngsten Arbeitslosenzahlen unterschiedlich bewertet. Während aus den SPD-Reihen selbstkritische Töne zu hören waren, lobte die CDU ihre Reformpolitik. Der Wirtschaftsexperte der CDU, Matthias Wissmann, wertete die Zahl als Zeichen, dass der Aufschwung in Deutschland an Fahrt gewinnt. Die Lage am Arbeitsmarkt habe sich verbessert, „vor allem, weil es die große Koalition geschafft hat, bei den Unternehmern wieder Vertrauen in den Standort Deutschland zu schaffen, und weil die Reformpolitik unter Kanzlerin Merkel wieder berechenbarer und zuverlässig geworden ist“, sagte er.

Traditionell kritisch äußerte sich die Opposition. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle verglich die große Koalition mit einem Schlaflabor. Kanzlerin Merkel müsse dafür sorgen, „dass Deutschland aus eigener Stärke wächst und so Beschäftigung entsteht“, forderte er.

Dagmar Rosenfeld

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