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Wirtschaft: „Es wird viel Geld verschwendet“

Der Korruptionsbekämpfer Peter Eigen warnt vor dem Missbrauch von Spendengeldern

Herr Eigen, ist es sinnvoll, dass vor allem NGOs die Gelder für die Katastrophenhilfe verwalten?

Ja, denn die staatlichen Behörden in Entwicklungsländern sind alle korrupt. Die Menschen haben deshalb mehr Vertrauen in NGOs. Schließlich sind sie weitestgehend unabhängige Organisationen. Die Geberstaaten dagegen wollen meist selbst die Führung bei den Hilfsaktionen übernehmen und möglichst ihren landeseigenen Firmen lukrative Aufträge verschaffen.

Gibt es denn jetzt in Südostasien konkrete Korruptionsgefahr?

Ja, die ist bei solchen Naturkatastrophen besonders groß. Wir haben schon häufig beobachtet, dass, wenn die ganze Welt mit blutendem Herzen das Geld ausschüttet, auch viel verschwendet wird. Beim Hurrikan Mitch in Südamerika war das so, und auch bei der Flut in Bangladesch. Denn immer, wenn schnell und flexibel gehandelt werden muss, ist Kontrolle schwierig.

Sind auch NGOs korrupt?

Auch hier gibt es Korruptionsgefahr und Leute, die sich bereichern wollen. Ich kenne einen Fall in Kenia, wo die Leiterin einer kleinen NGO, die Gelder für eine Impfkampagne verteilen sollte, sich eine enorme Summe zugeschustert hat – das war mehr, als der kenianische Präsident verdient. In Südostasien versucht Transparency International zu verhindern, dass Spendengelder missbraucht werden. Die Kontrolle fängt schon in Deutschland an. So will die deutsche Regierung 500 Millionen Euro bereitstellen. Das darf dann aber nicht dazu führen, dass deutsche Firmen bei den Aufträgen für den Wiederaufbau begünstigt werden und etwa Daimler dann die Lastwagen nach Südostasien liefert. Das müssen wir genau beobachten.

Und was machen Sie in den Krisenregionen vor Ort?

Dort haben wir mehrere Büros. Wir arbeiten jetzt daran, dass wir das, was wir bei anderen Katastrophenfällen gelernt haben, in konkrete Maßnahmen umsetzen. Das fängt bei den Regeln für die Ausschreibung von Aufträgen an.Und dazu gehört auch eine unabhängige Buchprüfung. Ebenso müssen die Behörden offenlegen, wofür sie die Gelder verwendet haben.

Sind die großen NGOs, die hier Gelder einsammeln, vertrauenswürdig?

Ja. Eine wichtige Rolle spielt das Spendensiegel, das vom DZI, dem Deutschen Zentralinsitut für soziale Fragen, verliehen wird. Die haben ein verhältnismäßig gutes objektives Bewertungssystem, zumindest für die deutschen NGOs. Was die internationale Szene betrifft, so kann man sich auf jeden Fall auf die großen Namen wie etwa Oxfam verlassen.

Aber es heißt doch immer wieder, dass vor allem die großen NGOs unnötig viel Geld für Verwaltung und Werbung ausgeben.

Bei einigen kann das so sein. Aber in der Regel kann man davon ausgehen, dass eine NGO, die stetig wächst, auch gute Kontrollmechanismen hat. Bei Transparency International ist es zum Beispiel so: Je größer wir geworden sind, umso mehr Auflagen haben wir von den Geberorganisationen bekommen. Die meisten großen NGOs haben inzwischen unabhängige Buchprüfer, sie müssen alles offenlegen, denn sonst erhalten die Spender auch keine Spendenquittungen.

Ist ein Spendensiegel unerlässlich?

Nein. Letztlich müssen die Spender selbst entscheiden, ob sie Vertrauen in eine NGO haben oder nicht. Ich zum Beispiel lege nicht viel Wert auf Formalitäten, sondern informiere mich auf den Webseiten der Organisationen. Außerdem hängt es ja auch davon ab, von wem ein Spendensiegel verliehen wird. Es sollte auf jeden Fall eine unabhängige Institution wie etwa das DZI sein.

Das Gespräch führte Flora Wisdorff

Peter Eigen (66)

ist Vorsitzender von Transparency International. Die Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Korruption weltweit zu bekämpfen.

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