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EU-Finanzminister: Defizitverfahren gegen Deutschland eingestellt

Deutschland kommt ohne Strafen aus dem Defizitverfahren wegen Verstößen gegen den EU-Stabilitätspakt davon. Die EU-Finanzminister beschlossen ein Ende des Verfahrens. Ungarn erhält einen Aufschub bis 2008.

Luxemburg - Deutschland bleiben hohe Geldbußen wegen eines überhöhten Haushaltsdefizits erspart: Die EU-Finanzminister leiteten am Dienstag in Luxemburg das Ende des Defizitverfahrens ein. Sie stärkten damit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Rücken. Er will in diesem Jahr mit 2,6 Prozent erstmals seit vier Jahren wieder unter der von der EU erlaubten Drei-Prozent-Marke bleiben. Ungarn als größter EU-Defizitsünder erhält zwar ein Jahr länger Zeit zum Kampf gegen die Haushaltsprobleme. Zugleich drohte Brüssel aber mit Sanktionen.

Steinbrück begrüßte die "Anerkennung" seiner Haushaltspolitik durch die EU-Finanzminister. Er äußerte sich zuversichtlich, das Defizit im kommenden Jahr noch weiter drücken zu können. Deutschland hatte zuvor vier Jahre in Folge gegen den EU-Stabilitätspakt verstoßen. Das von der EU eingeleitete Defizitverfahren wird nun voraussichtlich kommendes Frühjahr endgültig auf Eis gelegt, wenn die offizielle Zahl für die Neuverschuldung 2006 feststeht. Auch Frankreich als weiterer langjähriger Defizitsünder kann nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia auf eine baldige Einstellung des Verfahrens hoffen.

Ungarns Defizit bei 10,1 Prozent

Gegenüber Ungarn fährt die EU dagegen eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche: Die EU-Finanzminister gaben dem Land eine Gnadenfrist bis 2009, um den desolaten Haushalt in Ordnung zu bringen. Das ungarische Defizit liegt in diesem Jahr voraussichtlich bei 10,1 Prozent und ist damit das höchste in der gesamten EU. Zugleich drohte EU-Wirtschaftskommissar Almunia Budapest aber mit Sanktionen. Möglich sei ein Einfrieren der zwischen 2007 und 2013 geplanten Zuschüsse, die Ungarn etwa für Straßen oder andere Bauprojekte einsetzen könnte. Die Regierung in Budapest ist politisch stark unter Druck: Das Eingeständnis von Regierungschef Ferenc Gyurcsany, die Bevölkerung über die desolate Finanzlage angelogen zu haben, hatte Massenproteste und Rücktrittsforderungen ausgelöst.

Mit deutlicher Schelte bedachte Finanzminister Steinbrück Griechenland. Athen will bei der Berechnung des Wirtschaftswachstums künftig auch Schattenbranchen wie die Prostitution berücksichtigen. Damit würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf einen Schlag um 25 Prozent steigen, und das Defizit würde deutlich sinken. Steinbrück kritisierte dies als "sehr ambivalente Entwicklung". Die Mitglieder der Eurozone dürften den Anwärtern in den neuen EU-Staaten nicht den Eindruck vermitteln, dass "bestimmte Parameter beliebig gestaltbar" seien. Sonst könne niemand erwarten, dass die Neuen "sich an die Spielregeln halten".

Kritik an Unterstützung für Nicht-EU-Staaten

Deutliche Kritik übte Steinbrück auch an dem Vorhaben der EU-Kommission, die Mittel für die Europäische Investitionsbank (EIB) um rund die Hälfte auf 33 Milliarden Euro aufzustocken. Brüssel will damit auch Nicht-EU-Länder in Asien, Lateinamerika und Afrika verstärkt unterstützen. Steinbrück zeigte sich "entsetzt" darüber, dass damit auch Mittel in Länder wie Iran und Libyen fließen könnten. Gerade angesichts der Atomkrise mit Iran sei dies "wenig politisch sensibel". Er plädierte dafür, die Mittel weiterhin vor allem an EU-Staaten und die Beitrittsländer zu vergeben.

Darüber hinaus warb EU-Industriekommissar Günter Verheugen bei dem Ministertreffen um Mithilfe im Kampf gegen die überbordende Bürokratie. Steinbrück sagte dazu, dies werde einer der Schwerpunkte der deutschen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 sein. Verheugen will Unternehmen Verwaltungskosten in Höhe von 75 Milliarden Euro einsparen. Gegenüber der "Financial Times Deutschland" bezifferte er die Bürokratiekosten für EU-Firmen jährlich auf 600 Milliarden Euro. (tso/AFP)

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