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Wirtschaft: EU nennt Deutschlands Haushalt unsolide

Finanzminister: Berlin reißt 2005 womöglich erneut die Maastricht-Grenze / Eichel verspricht Einsparungen

Brüssel (msb). Die Finanzminister der Europäischen Union haben Deutschland davor gewarnt, 2005 erneut zu hohe Schulden aufzunehmen und damit den Stabilitätspakt von Maastricht zu verletzen. Diese Gefahr bestehe, falls das Wirtschaftswachstum schwächer ausfalle als von Berlin angenommen, erklärten die Minister am Dienstag nach einer Sitzung des so genannten EcofinRates in Brüssel. Auch die leeren Sozialkassen seien ein Risiko für die deutsche Finanzpolitik. Finanzminister Hans Eichel (SPD) versicherte jedoch, dass Deutschland gegen den Pakt nicht verstoßen werde.

Der Vertrag sieht vor, dass das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen nicht höher liegen darf als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). In diesem Jahr wird Berlin bereits zum dritten Mal in Folge die Schuldengrenze überschreiten und vermutlich Kredite in Höhe von 3,25 Prozent des BIP aufnehmen. Der Ecofin-Rat hatte mögliche finanzielle Sanktionen Ende vergangenen Jahres jedoch ausgesetzt. Sollte Deutschland 2005 wieder die Defizitgrenze brechen, wird das Verfahren wieder aufgenommen. Kritik an den deutschen Budgetplanungen hatte bereits die EU-Kommission geübt.

Die Finanzminister befürchten, dass das BIP im kommenden Jahr nicht um 2,25 Prozent wachsen wird, wie von Deutschland derzeit noch angenommen, sondern nur um 1,8 Prozent. Außerdem könnten die Ausgabensenkungen für Renten, Gesundheit und Arbeitslosigkeit leicht verfehlt werden. Die Ressortchefs bemängelten weiter, dass Bund, Länder und Gemeinden das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2006 offenbar zurückgestellt hätten.

Spanier soll neuer IWF-Chef werden

Dennoch akzeptierte der Ecofin-Rat die deutsche Haushaltsplanung. Der Grund ist die Zusicherung der rot-grünen Koalition, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn es nötig sein sollte. Finanzminister Eichel bekräftigte, das Ziel des Maastrichter Vertrages 2005 erreichen zu wollen. Selbst wenn die pessimistischeren Wachstumsannahmen der EU-Kommission sich bewahrheiten sollten, sei es möglich mit dem Haushaltsdefizit unter 2,8 Prozent zu bleiben, sagte Eichel. Notfalls werde die Regierung zusätzliche Sparanstrengungen unternehmen und dies auch im Etatplan für 2005 berücksichtigen.

Keine offizielle Debatte wurde gestern über die Nachfolge des Bundespräsidenten-Kandidaten Horst Köhler als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) geführt. Der französische Finanzminister Francis Mer forderte am Rande des Treffens, auch der nächste IWF-Präsident müsse ein Europäer sein. „Es ist traditionell ein Sitz für die Europäer“, sagte er. Eichel unterstrich dies und fügte hinzu, dass Deutschland keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken werde. Präsident der Weltbank ist traditionell ein Amerikaner. Doch Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass gleichzeitig Japan die Besetzung des Amtes beanspruchen wird.

Die Suche der EU-Staaten nach einem Kandidaten konzentriert sich offenbar auf Spaniens Finanzminister Rodrigo Rato. In diplomatischen Kreisen in Brüssel hieß es, Deutschland habe signalisiert, einer Bewerbung Ratos nicht im Wege zu stehen. In EU-Kreisen wurden Ratos Qualitäten hervorgehoben. Außerdem werden der Chef der Osteuropabank Jean Lemierre, der ehemalige italienische Ministerpräsident Guilio Amato und der ehemalige Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, Andrew Crockett, als Kandidaten für die IWF-Führung genannt. Auch der britische Schatzkanzler Gordon Brown ist im Gespräch, der als Vorsitzender der Findungskommission mit der Kandidatensuche betraut ist.

Den Kreisen zufolge könne aber kein Spanier für den Ende Mai scheidenden Eugenio Domingo-Solans ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) nachrücken, sollte Rato das Rennen machen und zum IWF gehen. Auch für diesen Posten hat Spanien mit Jose Manuel Gonzales-Paramo einen Kandidaten ins Rennen geschickt. Darüber wollen die Minister voraussichtlich beim EU-Gipfel Ende März entscheiden.

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