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Wirtschaft: EU verhängt Milliardenstrafe für Vitaminkartell

Acht große Vitaminhersteller, darunter der Schweizer Konzern Hoffmann-La Roche und die BASF, müssen eine Geldbuße von insgesamt 855,22 Millionen Euro bezahlen, weil sie über Jahre hinweg den Markt für Vitamine untereinander aufgeteilt und gemeinsam überhöhte Preise festgesetzt haben. Nach Ermittlungen über mehr als zwei Jahre hat die EU-Kommission am Mittwoch gegen die acht Unternehmen, die nach Ansicht der EU-Wettbewerbshüter auf schwerwiegende Weise gegen das Kartellrecht verstoßen haben, die bisher höchste Geldbuße verhängt, die je in einem Kartellverfahren ausgesprochen wurde.

Acht große Vitaminhersteller, darunter der Schweizer Konzern Hoffmann-La Roche und die BASF, müssen eine Geldbuße von insgesamt 855,22 Millionen Euro bezahlen, weil sie über Jahre hinweg den Markt für Vitamine untereinander aufgeteilt und gemeinsam überhöhte Preise festgesetzt haben. Nach Ermittlungen über mehr als zwei Jahre hat die EU-Kommission am Mittwoch gegen die acht Unternehmen, die nach Ansicht der EU-Wettbewerbshüter auf schwerwiegende Weise gegen das Kartellrecht verstoßen haben, die bisher höchste Geldbuße verhängt, die je in einem Kartellverfahren ausgesprochen wurde. Die höchste Einzelstrafe von 462 Millionen Euro wurde Hoffman-La Roche auferlegt, der nach Erkenntnissen der Brüsseler Behörde Anstifter und Teilnehmer von insgesamt acht Kartellen war. Eine Schlüsselrolle spielte auch die BASF, die deshalb die zweithöchste Geldbuße von insgesamt 296,16 Millionen Euro bezahlen muss. Alle acht Unternehmen müssen ihre Strafen innerhalb von drei Monaten an die EU-Kasse überweisen.

Bei dem internationalen Vitaminkartell handle es sich um den bisher schwersten Fall von Kartellabsprachen, erklärte EU-Kommissar Mario Monti. Besonders schwer wiege der Umstand, dass die Absprachen über Jahre hinweg zu hohen Preise von Produkten geführt haben, die wesentliche Bestandteile der Ernährung seien. Vitamine, die in einer Vielzahl von Produkten - von Getreideflocken über Getränke bis zu Kosmetika und Medikamenten - verwendet werden, seien schließlich für das normale Wachstum und für ein gesundes Leben unverzichtbar. Die Absprachen der Konzerne hätten deshalb den Verbrauchern schwer geschadet, die in den Neunzigerjahren vermutlich mehrere Milliarden Euro mehr für die Vitaminprodukte bezahlen mussten.

Seit Mai 1999 hatten die EU-Wettbewerbshüter gegen 13 Vitaminhersteller ermittelt. Gegen fünf Hersteller, die deutsche Lonza AG und vier japanische Firmen, hat die EU-Kommission keine Geldbußen verhängt, weil die fünf Unternehmen sich nur kurzzeitig beteiligt hätten, so dass ihre Regelverstöße inzwischen verjährt seien. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen dagegen die beiden größten europäischen Vitaminhersteller Hoffmann-La Roche und BASF. Sie gelten als Organisatoren und Hauptnutznießer der Kartellbildung, die in der Regel alle dem selben Schema folgten: Die Kartellmitglieder haben für insgesamt zwölf Produkte in geheimen Treffen jeweils Preise festgelegt, Absatzquoten zugewiesen, Preissteigerungen vereinbart und auch auf dem Markt gemeinsam durchgesetzt. Unter der Federführung vor allem von Hoffmann-La Roche und BASF hat das Vitaminkartell bei einigen Produkten wie Vitamin A und Vitamin E zwischen 1989 und 1999 den Markt streng in seinem Sinne beherrscht. In vierteljährlichen, zum Teil auch monatlichen Zusammenkünften wurden Informationen über Umsätze, Absatzmengen und Preise ausgetauscht. Damit die illegalen Preis- und Mengenabsprachen eingehalten wurden, hat das Kartell zudem Überwachungsmechanismen geschaffen.

Der Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche, der mit 50 Prozent Marktanteil der größte Vitaminhersteller der Welt ist, übernahm bei der Organisation und Durchsetzung des Kartells die Führung - offenbar unterstützt von der BASF. Die sechs anderen Unternehmen, die am Mittwoch mit Geldstrafen belegt wurden, spielten bei der Kartellbildung eine eher untergeordnete oder passive Rolle. Die drei japanischen Vitaminhersteller sowie Solvay Pharmaceuticals in den Niederlanden, das deutsche Unternehmen Merck und die Aventis SA, die ihren Sitz in Straßburg hat, müssen deshalb deutlich weniger Strafe zahlen, die Japaner im zweistelligen Millionenbereich, die Europäer unter zehn Millionen Euro.

"Blaues Auge" für Aventis

Besonders die Aventis SA, die aus dem Pharmabereich von Hoechst und dem französichen Unternehmen Rhone-Poulenc hervorgegangen ist, kam mit einem blauen Auge davon. Aventis hatte sich als erstes bereit erklärt, mit den Brüssler Wettbewerbshütern zusammenzuarbeiten. Es profitierte deshalb von einer Art "Kronzeugenregelung", die zum erstenmal in Brüssel angewendet wurde: Die Strafe für die Teilnahme am Vitamine-A- und am Vitamin-E-Kartell wurde Aventis erlassen. Für die passive Teilnahme an einem anderen Vitaminkartell allerdings muss das Straßburger Unternehmen eine Geldbuße von 5,04 Millionen Euro berappen.

Die insgesamt mehr als 855 Millionen Euro, die von der EU-Kommission jetzt eingezogen werden, kommen indirekt den europäischen Steuerzahlern zugute. Die Geldbußen gehen nämlich an die EU-Kasse, die wiederum um die gleiche Summe die Beiträge der EU-Mitgliedstaaten anteilig verringert. Schon im Jahr 1999 hatte ein ähnliches Kartellverfahren in den USA zur Verurteilung von Vitaminherstellern geführt. Hoffmann-La Roche musste damals 500 Millionen Dollar und die BASF 225 Millionen Dollar Strafe zahlen.

Keine Auswirkungen auf Vitaminpreise

Hat die Entscheidung der Brüsseler Wettbewerbshüter Auswirkungen für den Verbraucher? Werden Vitamintabletten, -säfte und -pulver jetzt billiger? Wohl nicht. "Schließlich ist das Kartell auf dem Vitaminmarkt bereits 1999 aufgeflogen", so BASF-Pressesprecher Hartmut Unger. Der künstlich gestützte Preis für Vitaminprodukte sei seither auf sein normales Wettbewerbsniveau gesunken. Steigende Verbraucherpreise durch die hohen Strafsummen sind ebenfalls nicht zu erwarten. Bei BASF wird die EU-Strafe als "Sonderposten" abgebucht. Ein Abwälzen der Kosten auf die Kunden erlaube der "starke Preisdruck" auf dem Vitaminmarkt nicht, so Unger. Der seit langem harte Wettbewerb sei wohl auch der Grund für die illegalen Absprachen der Konkurrenten gewesen, vermutet der Pressesprecher.

Industriell produzierte Vitamine finden sich in zahlreichen Nahrungsmitteln, vom Fruchtsaft bescheidenerer Qualität bis hin zum Müsli. Zudem sind sie in verschiedenen Kosmetika enthalten, sorgen etwa in Cremes für junge und glatte Haut. Auch Tierfutter werden sie beigefügt. Insgesamt gibt es 13 verschiedene Arten von Vitaminen. opp

tog

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