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Wirtschaft: Euro: Neue Währung gibt Europas Konjunktur einen Kick

Die Börsen hat der Bargeld-Start des Euro ziemlich kalt gelassen. In der Tat: Börsennotierte Unternehmen, die direkt von der Einführung des Euro profitieren, müssen Investoren mit der Lupe suchen.

Die Börsen hat der Bargeld-Start des Euro ziemlich kalt gelassen. In der Tat: Börsennotierte Unternehmen, die direkt von der Einführung des Euro profitieren, müssen Investoren mit der Lupe suchen. Dazu gehören etwa die Vereinigte Deutsche Nickel, die 40 Prozent der Rohmünzen für den gesamten Euro-Raum hergestellt hat, aber auch die Vectron Systems AG am Neuen Markt, ein Hersteller intelligenter Kassensysteme.

Zum Thema Online Spezial: Euro - Das neue Geld ist da! Während der Euro hier jeweils nur für eine Art Sonderkonjunktur sorgt, glauben manche Experten auch an längerfristige, indirekte Impulse für den Aktienmarkt. Nach Einschätzung des US-Investmenthauses JP Morgan Fleming werden die Aktienmärkte im Euro-Raum ihre Schwestern in Tokio und New York in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts hinter sich lassen - auch dank der physischen Einführung des Euro. "Die 80er Jahre gehörten Japan. In den 90ern haben US-Aktien die besten Ergebnisse erzielt. Diese Dekade gehört Europa", heißt es in der Europa-Zentrale von JP Morgan Fleming. Der Grund: Der Euro sorge für Preistransparenz von Flensburg bis Palermo, von Wien bis Lissabon. Dies werde die Kostenreduzierung weiter beschleunigen und damit die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen erhöhen. Mit den Gewinnen würden Lebensstandard, Nachfrage und Aktienkurse steigen. Analysten gehen davon aus, dass Euro und Aufschwung die Gewinne im Euroraum in diesem und im kommenden Jahr im Schnitt um 16 bis 17 Prozent steigen lassen. Die Kurse der Blue Chips im Euro Stoxx 50, so meint die SEB Bank, würden daher 2002 durchschnittlich um 15 bis 20 Prozent steigen. JP Morgan Fleming sieht bei kleineren Unternehmen aus dem Euro-Raum besonderes Kurspotenzial: "Viele der weltweit dynamischsten und kreativesten Unternehmen sitzen in Europa."

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, rechnet damit, dass das neue Bargeld der Konjunktur einen Kick von etwa einem Prozent geben wird. Eine andere Rechnung stellt das Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung auf: Mit dem Euro sparten die europäischen Unternehmen bis zu 20 Milliarden Euro pro Jahr an Umtausch- und Währungs-Sicherungsgebühren. Binnen zehn Jahren ergebe sich dadurch "ein Wachstumseffekt von bis zu fünf Prozent". Die volkswirtschaftlichen Abteilungen der großen Banken sind da skeptischer. Die Einführung des Euro habe makroökonomisch keinen Einfluss, heißt es bei der Deutschen Bank. Folglich blieben auch die Aktienmärkte davon unberührt. Allerdings seien indirekte positive Auswirkungen auf die Produktivität der europäischen Unternehmen und damit letztlich auch auf die Börsen denkbar, sagte ein Bank-Sprecher.

Von größeren Kursschüben dank des Euro kann die Münsteraner Vectron AG bisher nur träumen. Im Frühling 2000 noch bei über 18 Euro, dümpelt der Kurs derzeit bei etwa 1,25 Euro. Ein Kaufboom bei kleineren und mittleren Unternehemn, die vorwiegend zum Kundenkreis von Vectron gehören, sei bisher ausgeblieben. Dagegen hat die Vereinigte Deutsche Nickel AG das "beste Geschäftsjahr ihrer Geschichte hinter sich". Der Umsatz ist um zwei Drittel, das Ergebnis je Aktie um 60 Prozent gestiegen. Zusätzlich zur letzten Dividende von 2,50 Mark gab es einen Bonus in gleicher Höhe. Auch mit der Kursentwicklung können Investoren zufrieden sein: Seit Oktober ist das Papier von gut 17 auf inzwischen 22,30 Euro gestiegen. Und das Geschäft mit dem Euro ist noch nicht ausgeschöpft, denn bis zu 18 Prozent des Münzumlaufs müssen jedes Jahr erneuert werden.

Ein Profiteur könnte auch der Neuling selbst sein: Die Wertschätzung für ein Gut sei erheblich größer, wenn es real vorhanden sei, meinen die auf Finanzanalyse spezialisierten Verhaltensforscher von Cognitrend. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hält es daher "für nicht unwahrscheinlich", dass die Parität zum Dollar wieder in greifbare Nähe rückt. Kurstreibend könnte sich auch die in den letzten Jahren erhebliche Nachfrage nach der Mark aus den osteuropäischen und baltischen Ländern auswirken. Der Umtausch in Euro-Noten werde, so heißt es, den Euro zusätzlich stützen.

Veroniki Csizi

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