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Wirtschaft: Euro: Sind die Retter noch zu retten?

Wir können auch mehrmals den Euro retten, sagen die Notenbanken. Die Devisenmärkte kontern.

Wir können auch mehrmals den Euro retten, sagen die Notenbanken. Die Devisenmärkte kontern. Und wir können ihn mehrmals trudeln lassen: Am Montag war der Dollar schon wieder drei Pfennig teurer als zum Wochenschluss. Am Geld fehlt es nicht, auf beiden Seiten. Immerhin 235 Milliarden Dollar Reserven befinden sich in den Tresoren der Europäischen Zentralbank und der nationalen Notenbanken.

Die Wette ist offen, ob Interventionen den Euro langfristig stabilisieren werden. Tatsächlich vermochte die konzertierte Aktion am Freitag den freien Fall der Gemeinschaftswährung erst einmal zu stoppen. Mehr nicht. Spekulanten, die auf Mitnahmeeffekte setzen, könnten die Bereitschaft der besorgten Politiker zum Wiederholungshandeln von nun an als Anlageempfehlung interpretieren: Jetzt Euro kaufen und nach einer abermaligen Intervention verkaufen, wäre für sie ein Geschäft und trüge - viel wichtigerer Nebeneffekt - selbst zur Wende des Euroverfalls bei.

So könnte es kommen. Muss aber nicht. Viel wahrscheinlicher ist erst einmal das große Spekulieren auf den kommenden Donnerstag. Dann werden die Dänen zum zweiten Mal darüber abstimmen, ob sie dem Euroraum beitreten wollen. Es mag sein, dass der Wert der Abstimmung eher auf psychologischer als auf fundamentenaler Ebene zu suchen ist. Denn ein Ja würde Europas Bruttosozialprodukt nicht nennenswert stärken, ein Nein würde dasjenige der Dänen ebenso wenig schwächen. Aber die Lehren, die die Briten aus der Abstimmung ziehen werden, könnten schon größere Bedeutung erhalten: Fällt das Referendum der Dänen positiv aus, dann haben die Euroskeptiker in London schlechte Karten. Lehnen die Dänen ab, stärkt das die Argumente jener, die immer schon wussten, dass ein Bündnis mit Kontinentaleuropa vom Übel ist. Die Alternative könnte eine Freihandelszone der starken Länder des Nord- und Ostseeraums sein, in welcher der Wettbewerb der Währungen und nicht deren Harmonisierung für Wachstum sorgte.

Die Zentralbanken müssen darauf achten, dass ihre Waffen nicht stumpf werden. Interventionen müssen koordiniert und überraschend kommen, und sie sollen mit dem Markt und nicht gegen ihn erfolgen. Der Intervention vom vergangenen Freitag fehlte die dritte Bedingung: 1995, als die Zentralbanken zugunsten des Dollar eingriffen, zeigte die amerikanische Wirtschaft schon wieder Zeichen wachsender Stärke. Europa kann heute nichts Vergleichbares präsentieren. Der Überraschungseffekt wird sich nach der ersten Aktion ebenfalls verbrauchen. Einen abgestimmten Eingriff werden die Amerikaner spätestens dann verweigern, wenn sie um die Stärke des Greenback fürchten. Daran hat Finanzminister Larry Summers in Prag keinen Zweifel gelassen.

Was hilft dann? Hans Tietmeyer, der Währungsdiplomat im Ruhestand, hat sich am Wochenende selbst zitiert: Interventionen könnten bestenfalls Signalwirkung haben. Sie geben den Märkten und der Politik das Zeichen, dass eine Kurskorrektur überfällig sei. Mit der Tietmeyer-Brille gelesen zeigt sich, dass die Politik, auch die deutsche, die Signale nicht verstanden hat. Sie lässt die Notenbanken intervenieren anstatt die heimischen Arbeitsmärkte zu deregulieren. Und sie lässt im Unklaren, wie Europa werden soll, mit Verfassung oder ohne. Der Euro ist derzeit genauso weich wie die Europapolitik. Also alles doch eher logisch als psychologisch.

Rainer Hank

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