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Wirtschaft: Europäische Zentralbank: Die Zinsen bleiben unverändert

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen für die Euro-Zone am Mittwoch überraschenderweise unverändert gelassen. Der maßgebliche Leitzins beträgt damit weiterhin 4,75 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen für die Euro-Zone am Mittwoch überraschenderweise unverändert gelassen. Der maßgebliche Leitzins beträgt damit weiterhin 4,75 Prozent. Hinweise auf eine weltweite Rezession gebe es nicht, begründete EZB-Präsident Wim Duisenberg die Entscheidung vor der Presse. Andererseits seien die Inflationsgefahren zwar geringer, aber noch nicht gebannt.

Es gebe keine Anzeichen für eine globalen Rezession, bekräftigte der EZB-Präsident. Die Wachstumsvorhersagen deuteten aber auf ein eingetrübtes externes Umfeld hin. Weltweit werde es nach einer kurzen Schwächeperiode schon bald wieder aufwärts gehen. Die nominalen und realen Zinsen in der Euro-Zone seien im historischen Vergleich nicht hoch. Die Inflationsrate werde aber noch einige Monate über zwei Prozent liegen. "Der Anstieg des Verbraucherpreisindexes auf über zwei Prozent ist vorübergehend. Längerfristig wird der Aufwärtsdruck von der Verschlechterung des externen Umfeldes abhängen", sagte Duisenberg. Für eine Verbesserung der Wachstumsaussichten sei zudem nicht die Geldpolitik der EZB zuständig. Vielmehr müssten die nationalen Regierungen die eingeleiteten Reformen in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik forcieren. Grafik: Der Leitzins Duisenberg erinnerte auf der Pressekonferenz auch an seine vor dem Euro-Start 1999 gemachten Erklärungen; demnach wolle er zur Mitte seines Mandates aus dem Amt scheiden, also im Jahr 2002. In den vergangenen Tagen war die Debatte über die Nachfolge Duisenbergs erneut ausgebrochen. Der oberste Euro-Hüter hatte sich unter anderen mit offenen Interview-Äußerungen in die Kritik gebracht.

Bank-Analysten hatten zwar erwartet, dass die Europäische Zentralbank bei diesem Treffen, spätestens aber Ende April, die Zinsschrauben lockern würde. Dennoch wurde die Entscheidung mit Gelassenheit aufgenommen. Commerzbank-Chefvolkswirt Ulrich Ramm sagte: "Die Entscheidung ist eine Bestätigung dafür, dass allzu starker Konjunktur-Pessimismus nicht angesagt ist." Die Geldpolitik der EZB bremse nicht das Wirtschaftswachstum. Nach Meinung der EZB-Expertin der Dresdner Bank, Claudia Henke, ist eine Zinssenkung derzeit nicht zwingend notwendig. Der geldpolitische Kurs stehe weiter im Einklang mit der konjunkturellen Entwicklung.

Der Kurs des Euro sackte hingegen ab. Der Referenzkurs der europäischen Gemeinschaftswährung wurde mit 0,8840 Dollar nach 0,8945 am Vortag festgesetzt. An den deutschen Börsen wirkte die Entscheidung nur kurz. Der Dax erholte sich rasch wieder und lag gegen am frühen Abend mit fast einem Prozent im Plus, der Nemax 50 verzeichnete sogar einen Gewinn von rund sechs Prozent.

Unterdessen revidierte die Weltbank ihre Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft drastisch nach unten, erwartet aber Ende des Jahres eine Erholung und im nächsten Jahr umso robusteres Wachstum. Sie korrigierte ihre November-Prognose in Washington von 3,4 Prozent auf 2,2 Prozent hinunter. Im kommenden Jahr sei die Weltwirtschaft aber mit einem Wachstum von 3,3 Prozent wieder auf Kurs. Für die USA wurde die Wachstumsprognose für dieses Jahr drastisch von 3,2 auf 1,2 Prozent revidiert. In der Eurozone erwartet die Weltbank nur noch 2,5 Prozent. Im November wurden noch 3,2 Prozent für möglich gehalten. Im kommenden Jahr steigen die Wachstumsraten in den Industrieländern mit Ausnahme von Japan nach der jüngsten Prognose dafür stärker als noch im November angenommen. Weltweit erwartet die Weltbank für das Jahr 2002 jetzt ein Wachstum von 3,3 Prozent (Novemberprognose: 3,2), für die Eurozone von 3,1 Prozent (2,8) und für die USA 3,3 Prozent (2,9).

Auch die Bundesregierung rückte von ihrer bisherigen Wachstumsprognose für die Wirtschaft in diesem Jahr ab. Finanzminister Hans Eichel (SPD) erwartet nach der Steuerschätzung im Mai eine Korrektur des mit mindestens 2,6 Prozent angenommenen Wachstums nach unten. "Es wird sicherlich so sein, dass auch unsere Prognose niedriger liegen wird als das, was wir noch zu Beginn des Jahres geschätzt haben, aber wie das genau aussieht, kann ich heute noch nicht sagen", sagte Eichel in der ARD.

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