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Wolken über Berlin.

© AFP PHOTO / CLEMENS BILAN

Europas Hauptstädte: Berlin drückt das Niveau

In den meisten europäischen Ländern sind die Hauptstädte treibende Wirtschaftsmotoren – nicht so in Deutschland.

Eine große Wohlstandskluft herrscht in vielen Ländern Europas. Denn dort sind vor allem die Hauptstädte treibende Wirtschaftsmotoren. Eine Ausnahme gibt es - Deutschland. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat ausgerechnet, wie stark das Pro-Kopf-Einkommen im Land sinken würde, ließe man die Hauptstadt außen vor. Welche Hauptstädte sind besonders wichtig und wie verdienen sie ihr Geld?

ATHEN: „Wer Athen hat, hat ganz Griechenland“, heißt es. In der Metropole lebt mehr als ein Drittel der griechischen Bevölkerung. In der Region Attika rund um Athen finden sich die meisten Unternehmen des Landes, von der Manufaktur über die Werft bis hin zum High-Tech-Start-Up. Lediglich in Sachen Tourismus hinkt die Metropole hinterher - nach einem Besuch der Akropolis verlassen die Touristen das Großstadtchaos und reisen auf die Inseln des Landes. Wohlstand in Griechenland ohne Athen: Minus 20 Prozent.

Paris und Prag überragen

PARIS: Frankreich ist zentralistisch organisiert, das zeigt sich auch in der Wirtschaft. Total, Renault, PSA, Axa - so ziemlich alle wichtigen Konzerne haben ihren Verwaltungssitz dort oder im direkten Umland, etwa dem Büroviertel La Défense. Zwar überwiegt der Dienstleistungssektor, doch Île-de-France ist auch die stärkste Industrieregion des Landes. Paris ist zudem ein Touristenmagnet mit 22,2 Millionen Besuchern im Jahr 2015. Wohlstand in Frankreich ohne Paris: Minus 15 Prozent.

PRAG: Auch Tschechien ist eher zentralistisch organisiert. Viele heimische und internationale Firmen haben ihren Sitz in der Hauptstadt. Hinzu kommt, dass viele Pendler aus dem Umland in der Stadt arbeiten. Ein weiterer Faktor ist der boomende Prag-Tourismus. Wohlstand in Tschechien ohne Prag: Minus 14 Prozent.

Größte Finanzmetropole nach New York

KOPENHAGEN: In Dänemark sind Industriezweige im ganzen Land angesiedelt, in Kopenhagen ist die Dichte aber mit Abstand am größten. Hier ist der größte dänische Konzern, das Reederei-Unternehmen A.P.Møller-Mærsk zu Hause. Auch der Brauereiriese Carlsberg hat hier seinen Standort. Weitere große Wirtschaftszweige sind etwa die chemische und pharmazeutische Industrie. Wohlstand Dänemark ohne Kopenhagen: Minus 13 Prozent.

LONDON: London gilt neben New York als weltweit wichtigste Finanzmetropole. Banken, Börse, Versicherungen - ohne die City wäre Großbritannien ein deutlich ärmeres Land. Laut Eigenschätzung der City arbeiten etwa 358000 Menschen im Finanzsektor in Greater London. Von Bedeutung sind zudem das Immobilienwesen und der IT-Sektor. Wohlstand Großbritannien ohne London: Minus 11 Prozent.

Brüssel profitiert von der EU

WARSCHAU: Warschau ist das wirtschaftliche Zentrum Polens. Wichtige Wirtschaftszweige sind Handel und Dienstleistungen. Es gibt viele ausländische Firmen/Investoren, die Warschau als Standort für Geschäfte in Osteuropa nutzen. Wohlstand Polen ohne Warschau: Minus zehn Prozent.

BRÜSSEL: Der Dienstleistungssektor ist in Brüssel der stärkste. Er macht gut 90 Prozent der Wertschöpfung aus. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass Brüssel Sitz zahlreicher EU-Institutionen ist - ein Umfeld, das sich für die Angebote von Übersetzern, Beratern, Juristen und Veranstaltungsorganisatoren lohnt. Der Wohlstand in Belgien ohne Brüssel: Minus neun Prozent.

WIEN: Wien ist die größte Wirtschaftsagglomeration Österreichs. Neben dem Verwaltungszentrum dient Wien auch als überregionales Dienstleistungszentrum und Drehscheibe zwischen Ost und West. Gewerbe- und Handwerksbetriebe sind dort am stärksten vertreten. Außerdem tragen Consulting-Unternehmen und der Handel zur Wirtschaftsleistung bei. Wohlstand Österreich ohne Wien: Minus sechs Prozent.

In Randstad sind die meisten Arbeitsplätze

MADRID: Die Autonome Gemeinschaft Madrid wird ganz klar vom Dienstleistungssektor beherrscht. Dominierend sind dort vor allem die Bereiche Handel, öffentliche Verwaltung und die Erbringung von technischen, freiberuflichen und wissenschaftlichen Dienstleistungen. Wohlstand Spanien ohne Madrid: Minus sechs Prozent.

AMSTERDAM: Amsterdam ist das Zentrum der mit Abstand wichtigsten Wirtschaftsregion des Landes. Dieses als Randstad bezeichnete Ballungsgebiet ist der Motor der niederländischen Wirtschaft - dazu gehören auch die Großstädte Rotterdam, Den Haag und Utrecht. In der Randstad konzentriert sich die Hälfte aller Arbeitsplätze. Auch der Finanzsektor mit mehreren Banken und der Börse sowie der Amsterdamer Hafen und global agierende Handelshäuser sind wichtig. Wohlstand Niederlande ohne Amsterdam: Minus fünf Prozent.

Rom ist nicht so wichtig

ROM: Rom ist vor allem politisches Zentrum - und nicht das wirtschaftsstarke Zugpferd. Das ist Norditalien. Als Regierungssitz ist Rom die Verwaltungshauptstadt und wird gerne als Stadt beschuldigt, die das in Norditalien verdiente Geld verschlingt. Tourismus ist neben dem öffentlichen Sektor einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Wohlstand Italien ohne Rom: Minus zweit Prozent.

BERLIN: Als Folge der Teilung hat Berlin einen Strukturwandel vollzogen. Berlin war vor dem Mauerfall eine Industriestadt und wandelte sich danach zur Dienstleistungsstadt. Allerdings entstanden in diesem Bereich nicht genug Arbeitsplätze. Die Arbeitslosenquote liegt über dem bundesweiten Durchschnitt. Berlin setzt heute auf Startups oder den wachsenden Stellenwert als Tourismus-Destination. Berlin wächst, und dennoch: Wohlstand Deutschland ohne Berlin: Plus 0,2 Prozent. (dpa)

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