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Wirtschaft: Ex-Finanzchef von EM.TV packt aus

Goebel belastet Haffa-Brüder im Betrugsprozess schwer – geschönte Berichte und Luftbuchungen

München (nad). Der ehemalige Finanzchef des Medienunternehmens EM.TV, Ulrich Goebel, hat den angeklagten Firmengründern Thomas und Florian Haffa im Münchener Prozess um Anlagebetrug schwer belastet. Goebel wirft den Brüdern vor, im Jahr 2000 die Zahlen für den Halbjahresbericht verfälscht zu haben. Darauf habe er die Haffas mehrfach hingewiesen, zuletzt sogar in einer Pflichtmitteilung für die Börse. Das sagte Goebel am Dienstag als Zeuge vor dem Münchner Landgericht aus. „Ich habe ganz deutlich gemacht, dass ich in mehreren Punkten Zweifel an den veröffentlichten Zahlen habe", sagte Goebel, der als Hauptbelastungszeuge in dem Prozess gilt.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Haffas vor, die Zahlen trotz der Warnung des Finanzchefs in den darauf folgenden Wochen in mehreren Gesprächen mit Investoren bekräftigt zu haben. Goebel sagte, er habe den Halbjahresbericht fast fertig vorbereitet und sei dann in die USA gereist. Bei seiner Rückkehr sei er „ziemlich überrascht“ gewesen, dass die Zahlen in einigen Punkten geändert waren.

So habe Finanzchef Florian Haffa in der Zwischenzeit Zahlen für die Formel1-Beteiligung und die US-Tochter Jim Henson Company nachgetragen, ohne darauf hinzuweisen, dass die konsolidierten Zahlen niedriger seien. Außerdem hätte Haffa einen 30 Millionen Euro schweren Vertrag mit dem Filmhändler Leo Kirch verbucht, ohne dass ein schriftlicher Vertrag vorgelegen habe. Bei dem Geschäft ging es um den Verkauf von EM.TV-Programmen an Junior TV, einem Joint Venture von Kirch-Media und EM.TV. Goebel sagte, er habe mit Florian Haffa bis Oktober kein klärendes Gespräch über das Zahlenwerk führen können, weil dieser nie Zeit gehabt hätte. „Es hat eine gewisse Funkstille geherrscht“, sagte Goebel.

Daher alarmierte der Finanzchef den Aufsichtsrat. Nach einer außerordentlichen Sitzung Anfang Oktober sei der Bericht korrigiert worden. Die EM.TV-Aktie verlor daraufhin ein Drittel an Wert. Bei einer weiteren Aufsichtsratssitzung zwei Wochen später hätten die Haffas lukrative Geschäfte mit Pro Sieben, RTL und T-Online angekündigt. „Wenn das alles so eingetreten wäre, hätte EM.TV die Prognosen locker geschafft", sagte Goebel. EM.TV hatte für das Jahr 2000 einen Milliardengewinn in Aussicht gestellt, letztlich aber nur einen dreistelligen Millionenbetrag erwirtschaftet. „Ich habe oft beklagen müssen, dass die Rechte und Pflichten des Gesamtvorstandes nicht in der Weise beachtet wurden, wie es das Gesetz vorsieht“, sagte Goebel.

Er glaube aber, das sei kein böser Wille der Haffas gewesen, sondern ein Lernprozess auf dem Weg vom Familienunternehmen zum Großkonzern. Goebel wurde auf Drängen von Thomas Haffa im November 2000 fristlos beurlaubt, nachdem er sich mit einem Anwalt über Schritte für eine eventuelle Gewinnwarnung besprochen habe.

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