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Wirtschaft: Experten lehnen Alcopop-Steuer ab

Verfassungsrechtler warnen: Die geplante Abgabe verstößt gegen das Grundgesetz

Berlin (brö). Die von der Bundesregierung geplante Steuer auf Mischgetränke mit hohem Alkoholgehalt ist nach Meinung renommierter Verfassungsrechtler verfassungswidrig. Die Sonderabgabe verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, sagte der Verfassungsrechtsexperte Rupert Scholz dem Tagesspiegel. Auch sein Kollege HansWolfgang Arndt von der Universität Mannheim hält den Plan der Koalition für „ziemlich problematisch“.

Die rot-grüne Regierung will die so genannten Alcopops teurer und damit für Jugendliche unattraktiver machen. Alcopops sind Mischgetränke, die sowohl hochprozentigen Alkohol als auch viel Zucker enthalten. Die Regierung macht die Alcopops für den gestiegenen Alkoholkonsum junger Leute verantwortlich. Nach Angaben der Drogenbeauftragten Marion Caspers-Merk ist die Zahl der Zehn- bis 17-Jährigen, die zwischen 2000 und 2002 mit einer Alkoholvergiftung in eine Klinik eingeliefert wurden, um mehr als ein Viertel gestiegen. SPD und Grüne planen nun eine Abgabe von 87 Cent pro Alcopop-Flasche mit 5,5 Prozent Alkohol. In Kraft treten soll sie am 1. Juli. Zu dem Gesetzentwurf der Koalition wird es am Mittwoch eine Anhörung im Finanzausschuss geben. Die Getränkeindustrie lehnt die geplante Abgabe ab.

„Diese Sonderabgabe ist aus zwei Gründen verfassungswidrig“, findet Verfassungsrechtsexperte Scholz, der für die deutsche Spirituosenindustrie ein Gutachten zu der Alcopop-Abgabe erstellt hat. Zum einen sei die Steuer „abgabenrechtlich nicht in Ordnung“. Scholz: „Sie ist als Verbrauchssteuer deklariert, in Wahrheit handelt es sich aber um eine Strafsteuer mit Verbotsfunktion.“ Denn mit der Sonderabgabe verfolge die Regierung das Ziel, „die Alcopops zu verbieten“ – sie hofft, den Absatz dieser Getränke um 75 Prozent zu drücken. Außerdem verstoße die Abgabe gegen den Gleichheitsgrundsatz. „Mixgetränke mit Bier oder Wein haben zum Teil einen höheren Alkoholgehalt als einige Alcopops, werden aber von der Abgabe ausgenommen“, so Scholz. Scholz verweist zudem auf bereits bestehende Gesetze, mit denen junge Menschen vor Schäden durch Drogenmissbrauch geschützt werden sollen. Schon heute dürften Alcopops nur an Über- 18-Jährige abgegeben werden. Dass das Jugendschutzgesetz praktisch nicht eingehalten werde, dürfe kein Grund sein, eine Abgabe auf Alcopops einzuführen, so Scholz.

Auch der Mannheimer Rechtsexperte Hans-Wolfgang Arndt hält das geplante Gesetz „für ziemlich problematisch“ und sieht ebenfalls den Gleichheitsgrundsatz in Frage gestellt. Arndt verweist allerdings darauf, dass das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber zuletzt mehr Freiheit eingeräumt hatte.

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