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Wirtschaft: Experten streiten um die Familienmitversicherung Gesundheitsreformer wollen Ehepartner zur Kasse bitten

Berlin (ce/raw). Die RürupKommission zur Reform der sozialen Sicherungssysteme beschäftigt sich mit neuen Formen der beitragsfreien Familien-Mitversicherung.

Berlin (ce/raw). Die RürupKommission zur Reform der sozialen Sicherungssysteme beschäftigt sich mit neuen Formen der beitragsfreien Familien-Mitversicherung. Das bestätigten Mitglieder des Expertengremiums dem Tagesspiegel. „Wir müssen hier zu einer Neulösung kommen“, sagte einer der engsten Berater von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), der Kölner Gesundheitsökonom Karl Lauterbach. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, erklärte sich ebenfalls bereit, über eine breitere Finanzierungsgrundlage der Familienversicherung zu sprechen. Kommissionschef Bert Rürup sagte, aus dem allgemein formulierten Arbeitsauftrag ergebe sich, dass auch diese Frage überprüft werde.

Arbeitgeber und Gewerkschaften diskutieren ein Modell, das sich am Ehegattensplitting im Steuerrecht orientiert. Im Gespräch ist, auch von nicht berufstätigen Ehepartnern künftig einen Krankenkassenbeitrag oder eine Pauschale zu verlangen. Zur Berechnung der Krankenkassenbeiträge würde dann das Gesamteinkommen eines Haushaltes herangezogen. Nach Berechnungen Lauterbachs könnte die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) damit rund eine Milliarde Euro sparen. „Heute wird die Milliardärsgattin mitfinanziert, die kein eigenes Einkommen hat“, sagt Volker Hansen, Abteilungsleiter Soziale Sicherung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Doppelverdiener-Haushalte würden dagegen zur Kasse gebeten. Ein Beitragsmodell, das sich an der Leistungsfähigkeit orientiert, würde nach Angaben des BDA-Experten untere und mittlere Einkommensgruppen nicht stärker belasten. Für Ausnahmen plädiert Hansen bei Ehepartnern, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen.

SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch sprach sich dagegen aus, die Familienversicherung aufzugeben. Es sei höchstens möglich, über eine Steuerfinanzierung nachzudenken. Ein solcher Schritt sei aber angesichts der aktuellen Finanzlage eher unwahrscheinlich. Kritik kam auch von der Union. „Man kann nicht – wie Rot-Grün – in der Pflege Familien fördern und sie anschließend in der GKV ausschließen wollen. Das ist familienfeindlich“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Annette Widmann-Mauz, dieser Zeitung.

Die gesetzlichen Krankenversicherer wollen die kostenlose Mitversicherung von Familienangehörigen keinesfalls aus ihrem Leistungskatalog gestrichen haben. „Das wäre eine ganz heikle Sache“, sagte Michaela Gottfried, Sprecherin des Verbands der Angestellten-Krankenkassen (VdAK). Nach VdAK-Berechnungen erbringen die Krankenkassen etwa 24 Prozent aller Leistungsausgaben für beitragsfrei mitversicherte Familienangehörige. Für freiwillig versicherte Gutverdiener ist die beitragsfreie Familienmitversicherung ein wichtiger Grund, nicht zu einem privaten Versicherer zu wechseln. „Wir brauchen diese Abgrenzung zu den Privaten“, sagt Michaela Gottfried. Im Übrigen hätten die gesetzlichen Kassen auch eine „soziale Umverteilungsfunktion“. Der Ausgleich zwischen Jung und Alt, Gesunden und Kranken gehöre zum bisherigen Auftrag. Würde man sich davon verabschieden, wäre dies ein „Systembruch“.

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