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Fernsehen über Kabel. Nach dem Satelliten-TV ist das in Deutschland die beliebteste Methode.

© imago/Panthermedia

Mietrecht: Fernsehen über Kabel

Mieter müssen auch zahlen, wenn sie den Kanal nicht nutzen. Zu Recht? Der Bundesgerichtshof prüft das.

Es ist eine eindrucksvolle Zahl: 16,8 Millionen Haushalte empfangen in Deutschland ihr Fernsehprogramm über einen Kabelkanal. Der Anschluss über die Datenleitung ist nach dem Satelliten-TV weiterhin der zweitwichtigste Empfangsweg hierzulande. Doch spätestens 2024 werden sich Millionen von Mietern voraussichtlich umstellen müssen. Bereits fest steht nämlich, dass Vermieter spätestens ab Mitte 2024 Kabelgebühren nicht mehr als Betriebskosten auf die Mieter umwälzen dürfen. Das legte der Bundesrat unlängst fest.

Doch seit kurzem beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Grundsatzfrage, ob Vermieter Mietern eine Kündigungsmöglichkeit für einen nicht benutzten Kabel-TV-Anschluss einräumen müssen. Dadurch könnte es für Mieter bei den Nebenkosten noch früher massive Änderungen geben. Ein Urteil wird voraussichtlich im Oktober verkündet. Was kommt also auf Mieter und Vermieter zu? Die wichtigsten Antworten auf die Frage, welche praktischen Konsequenzen die absehbaren Veränderungen in Sachen Kabel-TV haben werden.

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Worum geht es beim Streit vor dem BGH?

Der BGH muss klären, ob Vermieter dauerhaft Kabelgebühren auf ihre Mieter umlegen dürfen, ohne ihnen ein Kündigungsrecht einzuräumen. Hintergrund ist das sogenannte Nebenkostenprivileg. Es bedeutet, dass in einem Mehrfamilienhaus die Gebühren für einen gemeinsamen Kabelanschluss über die Nebenkosten auf alle Mieter verteilt werden dürfen. Diese müssen also für den Anschluss zahlen, auch wenn sie ihn gar nicht nutzen.

Geklagt hat die Wettbewerbszentrale, die die Regelung für rechtswidrig hält und eine Grundsatzentscheidung anstrebt. Die Gegenpartei ist der Vivawest-Konzern mit Sitz in Gelsenkirchen, der über 100.000 Wohnungen unterhält. In den Vorinstanzen hatte die Wettbewerbszentrale mit ihrem Vorstoß kein Glück. Das Landgericht Essen wies die Klage ab. Auch das Oberlandesgericht Hamm folgte den Argumenten der Kläger nicht und wies die Berufung ab, weshalb die Wettbewerbszentrale nun die höchstinstanzliche Entscheidung sucht.

Kippen die Richter die Regelung, hat das große Auswirkungen

„Für viele Wohnungsgesellschaften und Mieter hat die Entscheidung große Auswirkungen“, sagt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbunds. „Falls die Richter die Regelung kippen sollten, könnten viele Mieter früher als gedacht selbst entscheiden, wie sie in Zukunft fernsehen möchten.“

Bei der Klage geht es im Kern um die Frage, ob sich Vermieter an Paragraf 43b des Telekommunikationsgesetzes halten müssen. Demnach wären entsprechende Verträge auf 24 Monate begrenzt. Sollten sich die Richter dieser Ansicht anschließen, müsste die beklagte Wohnungsgesellschaft ihren Mietern die Möglichkeit der Kündigung des Kabel-TV-Anschlusses unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrags gewähren.

Bisher legt der Vermieter das Entgelt, das er für die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen über das Kabelnetz zahlt, als Betriebskosten auf seine Mieter um. Kippt die Regelung, könnten Mieter, die kein Kabel brauchen, künftig Geld sparen. Im Schnitt zahlen die Mieter in Deutschland bei solchen Umlageverfahren knapp zehn Euro im Monat für ihren Kabel-TV-Anschluss. Die Nebenkosten würden also durchschnittlich um 120 Euro pro Jahr sinken, wenn der Mieter im Gegenzug auf Kabel verzichtet und auf günstigere Alternativen wie Sat-Anschluss oder IPTV über Internet umsteigt.

Der Bundestag hat die Kabelgebühren aus den Nebenkosten gestrichen

Für Mieter heißt das: Von Mitte 2024 an werden Vermieter die Kosten alter Breitbandanschlüsse nicht mehr pauschal auf ihre Mieter umlegen dürfen. Das legte der Bundestag im April dieses Jahres fest, indem er die Kabelgebühren aus den Nebenkosten strich. Ein entsprechendes Gesetz tritt zum 1. Dezember 2021 in Kraft, allerdings räumte der Gesetzgeber den Vermietern eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2024 ein.

Bisher haben Verwalter und Eigentümer oft sogenannte Sammelverträge (Mehrnutzerverträge) mit den Kabelnetzbetreibern abgeschlossen. Die Abrechnung erfolgt dabei über ein Sammelinkasso. Konkret heißt das, dass Mieter die Kosten für den Kabelanschluss über die Nebenkostenabrechnung an die Hausverwaltung bezahlen. Diese leitet das Geld dann an die Kabelnetzbetreiber weiter. Doch diese Regel läuft nun nach fast vier Jahrzehnten aus.

Bisher hatten Mieter wenige Anreize, sich eine Alternative zu suchen

Es bestehe derzeit nur wenig Anreiz für Mieter, auf alternative Übertragungswege zu wechseln, sagen Verbraucherschützer. Schließlich müsse der Kabelanschluss vorerst weiter über die Nebenkostenabrechnung bezahlt werden. Dies ändere sich erst mit der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs 2024 – es sei denn, der BGH ändert bei seiner anstehenden Entscheidung schon früher die Rechtslage. Wer danach weiter Kabelfernsehen nutzen möchte, muss voraussichtlich einen individuellen Vertrag abschließen. Wer jedoch Streamingdienste oder Mediatheken nutzt, statt digital über das Kabel fernzusehen, kann sich spätestens dann die Anschlusskosten sparen.

Wird der Kabelanschluss für Mieter teurer? Diese Befürchtung gibt es. Bislang sind gemeinsam genutzte Anschlüsse für Mehrfamilienhäuser vergleichsweise günstig: Im Schnitt zahlen Mieter – wie gesagt – monatlich zehn Euro fürs Kabelfernsehen. Dies könnte teurer werden, wenn Anbieter künftig jedem einzelnen Haushalt den Verwaltungsaufwand in Rechnung stellen, warnte der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW): Mietern drohten „Mehrkosten von bis zu 200 Euro jährlich pro Haushalt“, sagt der GDW. Auch die Kabelnetzbetreiber und Kabelverbände schüren Ängste, dass sich manche die Anschlüsse nicht mehr werden leisten können.

Kabelanschlüsse könnten zwei bis drei Euro teurer werden

Doch die Verbraucherzentralen dämpfen die Bedenken. Realistisch gesehen werde sich der Kabelanschluss zwar leicht verteuern, aber diese Erhöhung wird sich nach Einschätzung der Verbraucherschützer im Bereich von maximal zwei bis drei Euro pro Monat bewegen. Eventuell könne es für einzelne Mieter, die den Anschluss behalten wollten, bedeuten, dass ihre Gebühren stiegen, sagt Mieterbund-Präsident Siebenkotten. „Aber andere, die kein Kabel brauchen, sparen dann faktisch Geld.“ Letztlich gehe es darum, ob man einen mündigen Mieter wolle, „der selbst entscheidet, ob er einen Kabelanschluss braucht oder nicht“. (HB)

Carsten Herz

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