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Wirtschaft: Finanz-Experten: Eichel nimmt mehr Steuern ein als erwartet

Berlin Die anziehende Konjunktur dürfte in den kommenden Monaten für steigende Steuereinnahmen und damit für eine Entlastung des Bundeshaushaltes sorgen. Das sagten Finanzfachleute am Montag dem Tagesspiegel.

Berlin Die anziehende Konjunktur dürfte in den kommenden Monaten für steigende Steuereinnahmen und damit für eine Entlastung des Bundeshaushaltes sorgen. Das sagten Finanzfachleute am Montag dem Tagesspiegel. Damit widersprachen sie zugleich Finanzminister Hans Eichel (SPD), der prognostiziert hatte, es werde für die Bundeskasse 2004 keine Entspannung mehr geben.

Hintergrund: Die Konjunktur in Deutschland läuft seit einigen Wochen besser als erwartet. Alle namhaften Konjunkturinstitute haben bereits ihre Schätzungen für das Wirtschaftswachstum nach oben korrigiert – jetzt gehen die Ökonomen von einem Plus von bis zu 2,1 Prozent in diesem Jahr aus. Eichel hatte in einem Zeitungsinterview am Montag dennoch vor zu viel Optimismus gewarnt. Die Steuern führen „noch zu sehr Achterbahn“. Bei den Wirtschaftsprognosen sei er skeptisch und gehe weiterhin nur von einem Plus von 1,5 Prozent aus.

Allerdings waren die Steuereinnahmen des Bundes im Juni um 2,4 Prozent angestiegen, im gesamten ersten Halbjahr gab es ein Plus von 1,1 Prozent. „Schon im September wird es erste Indizien für weiter anziehende Steuereinnahmen geben“, sagte Philipp Nimmermann, Wirtschaftsforscher bei der ING BHF-Bank in Frankfurt am Main. Deutliche Steigerungen werde es dann auf jeden Fall ab Dezember geben.

Winfried Fuest vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ist noch optimistischer. „Eichel versucht, sich arm zu rechnen. Die Steuereinnahmen entwickeln sich bereits gut, und ich rechne mit einer weiteren raschen Verbesserung bei den lohn- und gewinnabhängigen Steuern.“ Die Gewinne entwickelten sich sehr gut, dies werde sich rasch auch bei den Einnahmen des Fiskus niederschlagen. Zudem sorge der hohe Ölpreis dafür, dass der Bund mehr Mehrwertsteuer einnimmt.

Deshalb werde der Arbeitskreis Steuerschätzung seine Einnahme-Prognosen im November erstmals seit Jahren nach oben korrigieren. „Wir stehen vor einer Trendwende, die Phase der ständigen Abwärtskorrektur ist vorbei.“ Eichels Zurückhaltung erklärt Fuest damit, dass er „Begehrlichkeiten von anderen Ministern abwehren will“ und jetzt angesichts besserer Einnahmen nicht die Spendierhosen anziehen wolle.

Der CDU-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann teilt indes Eichels Pessimismus. „Der Aufschwung wird sich nicht positiv auf den Bundesetat auswirken“, sagte er. Die Steuereinnahmen lägen derzeit hinter den Prognosen der Steuerschätzung vom November zurück. Damit gebe es auch ein Loch im Haushalt 2004. „Es fehlen noch neun Milliarden Euro an Steuereinnahmen“, sagt Austermann. Nach seiner Ansicht wird sich die Situation der Sozialkassen und des Haushalts so lange nicht verbessern, wie das Wachstum unterhalb von 2,5 Prozent liegt. brö/ce

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