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Aktienmärkte: Chinesen im Börsenwahn

Allen Warnungen zum Trotz erklimmen die chinesischen Aktienmärkte ungeahnte Höhen. Getragen wird der Boom von der inländischen Nachfrage.

Chinas Börsen laufen nach Expertenmeinungen heiß. Doch die Warnungen vor einer Aktienblase an den chinesischen Wertpapiermärkten halten die Chinesen nicht davon ab ihre Ersparnisse in die Börsen von Schanghai und Shenzhen zu pumpen. Der Leitindex stieg in diesem Jahr dadurch bereits um mehr als 50 Prozent - zusätzlich zu 130 Prozent Zuwachs im vergangenen Jahr.

"Nur wenige würden die Risiken am Markt leugnen, aber neue Investoren schwärmen weiter auf den Markt", schrieb das Wirtschaftsmagazin Caijing: "Sie zeigen eine Spielermentalität." Chinesen sind zwar Weltmeister im Sparen, aber auch passionierte Spieler. Manche vergleichen den Aktienmarkt mit einem Casino. Rentner, Hausfrauen, Studenten - selbst buddhistische Mönche wollen Aktienbesitzer sein.

Immer mehr Anleger

Schätzungen nach haben 30 Millionen Chinesen in Aktien investiert. Allein im April wurden fast fünf Millionen Wertpapier-Depots in Shenzhen und Schanghai eröffnet, wie die "China Daily" berichtete. Am ersten Handelstag nach den Maiferien meldeten 370.000 Chinesen ein Börsenkonto an, fast halb so viele wie im Gesamtjahr 2005.

Täglich um kurz nach 15 Uhr Ortszeit strömen die Kleinanleger aus den Broker-Häusern - meist mit zufriedenen Gesichtern. Denn die Börsenkurse zeigen steil nach oben. Im Mai überschritt der Shanghai Composite Index erstmals die Marke von 4000 Punkten, rund acht Wochen nachdem er über 3000 Punkte geklettert war. Nun sehen Analysten den Index schon bei 5000 Punkten.

Mangel an Anlagemöglichkeiten

"Der chinesische Wertpapiermarkt zeigt erste Anzeichen, außer Kontrolle zu geraten", sagte Zuo Xiaolei, Chefökonom bei China Galaxy Securities laut "China Daily". Da es an Anlagemöglichkeiten mangelt, ist eine enorme Geldmenge in Wertpapiere geflossen. Mehr als 70 Milliarden Yuan seien in den ersten vier Monaten 2007 in Schanghai auf Aktienkonten transferiert worden, schätzte die dortige Volksbank.

Die Chinesen haben dem Treiben einen Namen aus der Kochkunst gegeben: "Chao" sei der Markt, "in der Pfanne kurz angebraten". Der Aktienboom wird für sinkende Auto-Verkäufe verantwortlich gemacht. Reiche beschweren sich über Putzfrauen, die am Telefon Aktienwerte diskutierten, anstatt zu arbeiten.

Der Traum vom schnellen Geld

"Mit dem Aufschwung des Markts träumt jeder davon, schnelles Geld zu machen und sich wieder zu verabschieden, bevor Gefahr heraufzieht", schrieb die Journalistin Hu Shuli in Caijing. Peking fürchtet eine Überhitzung und will die Börse abkühlen. Seit Mitte vergangenen Jahres hat die Zentralbank schon drei Mal die Leitzinsen angehoben.

Bisher blieb die Regierung damit erfolglos, die Möglichkeit eines Crashs steigt. Führende Ökonomen warnen schon seit Jahresanfang vor einem schmerzvollen Platzen der Blase. Zentralbankchef Zhou Xiaochuan äußerte sich jüngst "besorgt". Die Regulierungskommission für den Aktienmarkt forderte Börseninstitutionen auf, Anleger über die Risiken aufzuklären. Dabei können Gerüchte wie Ende Februar genügen, um eine Kettenreaktion auszulösen. Damals war der Schanghai-Index um neun Prozent eingebrochen und hatte Börsenwerte auf der ganzen Welt mitgerissen. Die Kleinanleger scheinen mittlerweile jedoch überzeugt, dass Peking einen Börsencrash verhindern werde. Denn sonst drohten möglicherweise soziale Unruhen.

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