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Anleger Frage: Inflationsrisiken im Vordergrund

An Helmut Kaiser, Chefinvestmentstratege für Privatkunden der Deutschen Bank.

Geht der jüngste Renditeanstieg am Rentenmarkt weiter?

Staatsanleihen, oft als risikolose Anlagen bezeichnet, haben in den vergangenen zwei Jahren eine sehr volatile Entwicklung verzeichnet. So haben zum Beispiel zehnjährige Bundesanleihen einen Ertrag von minus zwei Prozent in 2006, plus zwei Prozent in 2007 und plus 16 Prozent im Krisenjahr 2008 erzielt. In 2009, einer Phase der Konjunkturstabilisierung, ging der Ertrag bis Ende Mai wieder um vier Prozent zurück. Starke Faktoren beeinflussen die künftige Kursentwicklung in beide Richtungen.

Was spricht für stagnierende oder wieder sinkende Renditen?

Bisher sehen wir eher eine konjunkturelle Bodenbildung als eine Erholung. Der erwartete Aufschwung dürfte moderater ausfallen als in der Vergangenheit. Der notwendige Schuldenabbau der Haushalte und Unternehmen wie zum Beispiel in den USA und Großbritannien und eine weiter steigende Arbeitslosigkeit (Euroland) wirkten als Wachstumsbremse. Ein nachhaltiger Aufschwung erfordert, dass die private Investitionsnachfrage und der Konsum wieder steigen. Enttäuschungspotenzial über die weitere Konjunkturentwicklung – wichtige Indikatoren in den vergangenen Wochen zeigten eine Umkehr zum Besseren –, könnte temporär wieder zur Umschichtung von Aktien in Renten führen. Eine Rückkehr der Risikoaversion der Anleger ist auch als Folge neuer negativer Ereignisse im Finanzsektor möglich

Was spricht für steigende Renditen?

Inflationsrisiken sind vor allem in den USA wieder in den Vordergrund gerückt. Das Risiko hängt von zwei Faktoren ab. Zum einen ist mit einem starken Inflationsanstieg zu rechnen, wenn die Kapazitätsauslastung der Unternehmen wieder normales Niveau erreicht und wieder Arbeitsplätze geschaffen werden. Zum anderen setzt der Inflationsanstieg voraus, dass die Zentralbanken nicht rechtzeitig und nicht ausreichend Liquidität aus dem System abschöpfen, also weniger Kapital in den Umlauf geben.

Die stark steigende Verschuldung in vielen Ländern und ein entsprechendes Kapitalangebot üben bereits heute Druck auf die Renditen aus. Einerseits steigt das Angebot an Staatsanleihen mit der rapide wachsenden Verschuldung der G-7-Länder. Andererseits sinkt die Nachfrage nach Staatspapieren, weil wichtigen Investoren wie China, Japan oder auch den erdölexportierenden Ländern wegen fallender Exporterlöse weniger Kapital zur Verfügung steht als in früheren Jahren.

Fazit: Der Ausblick für die Rentenmärkte verändert sich mit der Veränderung des Prognosezeitraums. Auf kurze Sicht haben Staatsanleihen noch Unterstützung vom Enttäuschungspotenzial über Tempo und Ausmaß der Konjunkturerholung. Je länger der Prognosehorizont, desto größer sind die Risiken steigender Renditen – vor allem in den USA.

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An Helmut Kaiser

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