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Lebensversicherung: Mehr von der Rente

Flexibler Beitrag, variable Rendite, höheres Risiko – das Auslaufmodell Lebensversicherung wird renoviert.

Jeder zweite Bürger in Deutschland besitzt mindestens eine klassische Lebensversicherung. Viele dieser Policen wurden zur Absicherung im Alter abgeschlossen und sollen bis dahin eine ordentliche Rendite bringen. Daraus dürfte in vielen Fällen nichts werden, denn die versprochene Verzinsung liegt weit unter den Erwartungen, und die Überschussbeteiligung ist entweder fraglich oder deren Höhe ist nicht mehr der Rede wert.

Für die vor 2005 abgeschlossenen Versicherungen gilt zwar noch das Steuerprivileg, das heißt nach zwölf Jahren sind Auszahlungen gänzlich steuerfrei. Da nach 2005 aber der Steuervorteil wegfällt, fehlt dem einst so erfolgreichen Produkt jeder Charme. Das haben auch dieVersicherungsunternehmen erkannt. Inzwischen sind etliche neue Modelle auf den Markt gekommen. Die Anbieter Allianz, Axa, DWS, HDI-Gerling, LV 1871 und Nürnberger Versicherungen hoffen, die Lücke zu füllen.

Die Grundidee der Neuentwicklungen: Das zu sparende Vermögen wird in einen risikobehafteten Teil und eine sichere Anlage im konventionellen Sinne aufgeteilt. Je mehr sich ein Versicherungsmodell von der Struktur der klassischen Lebensversicherung entfernt, umso höher wird der Fonds- und Aktienanteil – und natürlich auch das Risiko. Wie die aktuelle Finanzkrise zeigt, kann dies durchaus erheblich sein. Doch mit der Öffnung zum Kapitalmarkt verbinden sich für den Versicherten auch Vorteile: Beitragszahlungen, Entnahmen und der Zeitpunkt der Auszahlung sind flexibler als beim alten Modell. Zusätzlich versuchen die Konstrukteure, die Modelle Riester-tauglich zu gestalten, indem sie die gesetzlich vorgeschriebenen Normen wie Beitragsgarantie und wachsende Garantieleistungen erfüllen. Das soll zusätzliche Kunden anlocken.

„Familien und Singles profitieren von dieser Flexibilität“, sagt Friedrich Knott, Vorstand Mathematik und Produktentwicklung der Münchner LV 1871. „Der Versicherte kann seine Beiträge aufstocken, zum Beispiel nach einer Beförderung, oder zusätzlich Geld in das Fondsguthaben investieren. Er kann die Beiträge senken, wenn im Haus plötzlich teure Umbauten nötig werden oder der Partner plötzlich pflegebedürftig wird.“ So könnten Versicherungsnehmer innerhalb der privaten Altersversorgung auch bei unvorhersehbaren Ereignissen ihre finanzielle Unabhängigkeit wahren.

Entscheidend für die Qualität der neuen Vertragsformen ist die Gestaltung der Garantieleistung. In der Palette der Angebote tauchen Produkte auf, die einfach nur zusätzlich in einen Fonds investieren. So könnte der Versicherte aber auch selbst vorgehen. Einige Anbieter sind bei Absicherung und Renditeerzielung innovativer und liegen im Ergebnis entsprechend weit über den Möglichkeiten klassischer oder fondsgebundener Lebensversicherungen.

Modelle wie DWS „Premium Rente“, Gerling „Two-Trust“ und Nürnberger „Doppel-Invest“ sind dynamisch aufgebaute Produkte, die mehrere Aktionsstufen anbieten. Sie sind dabei im Vergleich zur simplen Aufteilung in die zwei Segmente Garantieleistung und Überschuss renditestark. Stephan Moltzen, Leiter Vorsorge beim Finanzdienstleister MLP, sieht in den Kreationen der Versicherer attraktive Möglichkeiten für eine private Zusatzrente: „Innovative Garantiekonzepte bieten die Möglichkeit, das Bedürfnis nach Sicherheit bei der Altersvorsorge mit guten Chancen zu verbinden.“

Ein Beispiel: Basis der „Duplex-Dynamic-tt“-Police von HDI-Gerling ist ein Stammguthaben, das mit einer Aktienquote von circa neun Prozent arbeitet. Dazu wird in einen sogenannten Wertsicherungsfonds investiert, in diesem Fall den Lyxor EVE Fonds der Société Générale mit Papieren des Aktienindex Euro Stoxx 50. Als interaktives Element ist darüber hinaus eine individuelle Anlage in vier unterschiedliche von Ampega Gerling gemanagte Fonds möglich. Die Auswahl kann monatlich geändert werden. Da die drei Segmente des HDI-Gerling- Produktes miteinander eng verknüpft sind, kann je nach Marktsituation das investierte Kapital hin- und herfließen. Die Sparbeiträge werden zunächst klassisch im Stammguthaben angelegt und wandern je nach Börsenlage in den Wertsicherungsfonds. Bei Erwartung steigender Kurse und guter Börsenstimmung werden die individuellen Fonds bevorzugt. Ist dagegen eine Baisse in Sicht, rutscht das Kapital erst in den Wertsicherungsfonds und – in ganz schlechten Marktphasen – komplett in den relativ sicheren Hafen des Stammguthabens.

Wie bei einer gemanagten Vermögensanlage wird das Vorgehen zudem auf das Alter des Kunden, die Fälligkeiten und die individuellen Bedürfnisse abgestimmt. Da dieses Konzept den staatlich vorgegebenen Anforderungen für eine Riesterförderung genügt, können zur Rendite staatliche Zulagen hinzukommen.

Einen anderen Weg geht Axa mit „Twin-Star“. Mit einer Optionsstrategie wird zum Rentenbeginn eine garantierte Zahlung abgesichert. Während der Laufzeit stehen unterschiedliche Anlagemöglichkeiten zur Wahl. Eine Garantie wird nur gegeben, wenn eine Verrentung und keine Einmalauszahlung vereinbart wird. Es gibt keine garantierte Ablaufleistung und keine garantierten Rückkaufwerte.

Verbrauchern, die schon eine klassische Lebensversicherung haben, empfiehlt die Stiftung Warentest einen Leistungscheck. Wirft das herkömmliche Produkt überhaupt noch Gewinn ab? Versicherte, die zum Beispiel den Hinterbliebenenschutz nicht mehr benötigen, sollten eine Beitragsfreistellung oder sogar Kündigung prüfen. Aber Vorsicht: Wer noch am Anfang der Laufzeit steht, zahlt bei einer vorzeitigen Kündigung drauf, weil der Versicherer Stornogebühren und Provisionen einbehält.

Karl Eckerich

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