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Zinsen: Amerikaner in der Klemme

Trotz der steigenden Preise erhöht die US-Notenbank die Zinsen nicht. Die EZB wählt einen anderen Weg.

Die rasant steigenden Preise sorgen auf beiden Seiten des Atlantiks für Besorgnis. Doch während die Europäer immer klarer auf eine Zinserhöhung zusteuern, tun sich die obersten Notenbanker in den USA damit schwer. Am Mittwoch beließ die Federal Reserve den Leitzins wie erwartet bei zwei Prozent, und dabei soll es vorerst bleiben. Zu schwer wiegen die Sorgen um die Konjunktur: So ist die Stimmung der US-Verbraucher so schlecht wie seit 16 Jahren nicht.

Niedrige Zinsen stimulieren zwar das Wachstum, da sie die Geldbeschaffung für Unternehmen und Verbraucher billiger machen. Doch zugleich steigt die Inflationsgefahr. So hat der Dollarkurs stark an Wert verloren – auch aufgrund der extremen Zinssenkungen der Fed. Durch eine schwache US-Währung steigen die Importpreise und damit die Inflation. Im Zuge der Finanzkrise hatte die Fed seit September den Leitzins von 5,25 Prozent in sieben Schritten gesenkt. Am Mittwoch war damit Schluss. „Obwohl Risiken für das Wachstum bestehen, scheinen sie etwas geringer geworden zu sein. Die Risiken durch Inflation und Inflationserwartungen sind gestiegen“, erklärte die Fed.

„Lediglich eine Reihe von Zinserhöhungen wird die Inflation in den USA eindämmen“, sagte Michael Burda, Wirtschaftsprofessor an der Berliner Humboldt-Universität, dem Tagesspiegel. Die Frage sei nur, ob die Zentralbanken den Mut hätten: „Wenn die USA die Zinsen erhöhen müssen, wird es noch schlimmer für die amerikanische Wirtschaft“, glaubt Burda. Das Potenzial „für eine richtig dicke Krise“ sei immer noch sehr groß. „Die Probleme sind längst nicht ausgestanden, und Überraschungen kommen noch täglich.“ Es deute alles darauf hin, dass sich die USA bereits in einer Rezession befänden. Davon ist die Rede, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge schrumpft. Die Fed nimmt dagegen an, dass die Wirtschaft noch wächst.

Das ziehen nicht alle Experten in Europa in Zweifel. Zwar habe sich das Wirtschaftswachstum als Folge der Finanzmarktkrise und der Rekordenergiepreise bis „nahe an die Rezessionsgrenze abgekühlt“, sagte Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen. Aber die „in einer Rezession typische Beschleunigung der Abwärtsdynamik in vielen Bereichen der Wirtschaft“ sei kaum zu erkennen, meint Apelt. „Zusammen mit den sehr niedrigen Leitzinsen sollte sich dadurch die US-Konjunktur im zweiten Halbjahr wieder etwas erholen.“ Die Fed werde die Zinsen vorerst nicht antasten.

Dagegen bekräftigte der Chef der Europäischen Notenbank (EZB), Jean-Claude Trichet, am Mittwoch in Brüssel die Bereitschaft der Währungshüter, im Juli den Leitzins von 4,0 auf 4,25 Prozent anzuheben. Der Schlüsselzins für die Versorgung der Kreditwirtschaft in der Euro-Zone mit frischem Geld ist seit Juni 2007 konstant. Da aber die Inflation wegen massiver Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln zuletzt stark gestiegen war, will die EZB handeln. Trichet erklärte, die hohe Inflation im Euro-Raum werde länger anhalten als erwartet. Erst 2009 dürfte der Preisdruck nachlassen.

Juliane Schäuble

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