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Wirtschaft: Firmen für längere Arbeitszeit im Westen Umfrage der Wirtschaft: In Westdeutschland wird nach Meinung der Unternehmen zu wenig geschafft

Berlin Mehr als die Hälfte der Industriebetriebe im Westen will die Belegschaft länger arbeiten lassen und dafür nichts bezahlen. Ein Drittel dieser Firmen befürchtet aber, „eine Verlängerung aufgrund betriebsinterner Widerstände nicht durchsetzen zu können“.

Berlin Mehr als die Hälfte der Industriebetriebe im Westen will die Belegschaft länger arbeiten lassen und dafür nichts bezahlen. Ein Drittel dieser Firmen befürchtet aber, „eine Verlängerung aufgrund betriebsinterner Widerstände nicht durchsetzen zu können“. Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Dienstag mitteilte, wollen gut 40 Prozent aller Betriebe in Deutschland in den kommenden drei Jahren die Arbeitzeit verlängern. Allerdings gibt es gravierende Unterschiede zwischen West und Ost. In den neuen Bundesländern will nur knapp jedes fünfte Unternehmen die Arbeitszeit erhöhen. Das hängt nach Angaben von DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben damit zusammen, dass zwei Drittel der Ostbetriebe mindestens 40 Stunden die Woche arbeiten.

Im Westen dagegen haben nur 30 Prozent der Beschäftigten eine 40-Stunden-Woche. „Die 35-Stunden-Woche ist hier oft noch Standard“, sagte Wansleben bei der Vorstellung einer Arbeitszeitstudie. Der DIHK als Dachorganisation der Industrie- und Handelskammern hatte dazu kürzlich 20000 Firmen befragt. Der Umfrage zufolge arbeiten zwei Drittel der Firmen in Deutschland insgesamt unterhalb der 40-Stunden-Schwelle, vor allem Großunternehmen. Im Mittelstand wird Wansleben zufolge deutlich länger gearbeitet als im Durchschnitt. Nur 26 Prozent der Unternehmen mit bis zu 200 Beschäftigten hätten Wochenarbeitszeiten unter 38 Stunden. „Der Mittelstand ist klarer Vorreiter bei der betrieblichen Arbeitszeit“, sagte Wansleben. Die Umfrage habe den Trend zu längeren und flexibleren Arbeitszeiten bestätigt. Dabei gehe es nicht um pauschale Lösungen. „Der Königsweg sind betriebsspezifische Arbeitszeitmodelle“, sagte Wansleben. Der IHK–Hauptgeschäftsführer forderte die Politik auf, mit einer Gesetzesänderung Abweichungen vom Tarifvertrag, also vor allem die Verlängerung der Arbeitszeit, zu ermöglichen. Bislang ist dazu in tarifgebundenen Betrieben die Zustimmung der Gewerkschaft erforderlich.

In die Debatte um längere Arbeitszeiten hatte sich kürzlich auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eingeschaltet. Dem Institut zufolge „arbeiten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit geregelter Arbeitszeit ohne Überstundenausgleich 39,5 Stunden in der Woche“. Deshalb seien „mit Blick auf die gesamte Arbeitnehmerschaft mitunter erhobene Forderungen nach einer Rückkehr zur 40-Stunden-Woche wenig überzeugend“, schlussfolgerte das DIW. Insbesondere die höher Qualifizierten leisteten in erheblichen Maße Mehrarbeit, von der ein großer Teil weder durch Freizeit noch durch Lohnausgleich entgolten werde. Die Berliner Wirtschaftsforscher kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass die Bundesrepublik auch bei den gesetzlichen Feiertagen keinen Nachteil gegenüber anderen Staaten habe. Im Übrigen liege Deutschland gemessen an den geleisteten Wochenstunden im Mittelfeld der Staaten der EU-15. Nach der EU-Osterweiterung habe sich die Position indes ins untere Drittel verschoben.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag plädiert indes für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. In einem Eckpunktepapier der Fraktion, das zur Diskussionsgrundlage für die zweite Hälfte der Legislaturperiode erklärt wurde, bezeichnen es die Grünen als notwendig, Fragen der Arbeitszeit stärker mit familienpolitischen Fragen und solchen der Qualifikation zu verzahnen. Forderungen, insbesondere der Union, nach einer grundsätzlichen Verlängerung der Arbeitszeit bezeichnete Fraktionsvize Thea Dückert am Dienstag als „fahrlässigen Irrläufer“.

Stattdessen schlagen die Grünen die Einführung einer „Lebensphasen-Teilzeit“ vor, bei der den Beschäftigten Raum für die Erziehung von Kindern oder die eigene Qualifizierung gegeben wird. Sie wollen dazu den SPD-Koalitionspartner ermuntern, die bestehenden Altersgrenzen im Altersteilzeitgesetz aufzuheben, damit auch Jüngere einmalig eine fünfjährige Teilzeit mit Förderung der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen können. alf/asi

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