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Ein leerstehenden Wohnhaus in Bad Sachsa im Landkreis Osterode am Harz (Niedersachsen). Vor allem in ländlichen Gegenden fallen immer mehr Wohnimmobilien an den Staat.

© dpa

Fiskalerbschaften: Wenn der Staat zum Hausbesitzer wird

Der deutsche Fiskus erbt immer mehr Wohnhäuser. Viele von ihnen liegen in strukturschwachen Gegenden auf dem Land.

Der Staat ist der größte Erbe von Wohnhäusern in Deutschland. Die 16 Bundesländer sind auf dem Wege der Erbschaft mittlerweile Allein- oder Miteigentümer von rund 10.000 Wohnhäusern und privaten Liegenschaften geworden, wie eine bundesweite Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Länderverwaltungen und Bezirksregierungen ergeben hat. Den Rekord hält mit weitem Abstand Bayern, wo sich nach Angaben des Münchner Finanzministeriums derzeit 7.251 Wohnhäuser im Besitz des Freistaats befinden - 3.857 davon im Alleineigentum, bei den restlichen Gebäuden als Miteigentümer. An zweiter Stelle hinter Bayern folgen Hessen und Thüringen mit 742 beziehungsweise 581 bebauten Grund- und Flurstücken.

Berlin erbt 500 bis 600 Mal im Jahr

Fiskalerbschaften fallen an den Staat, wenn die Erben entweder ihr Erbe ausschlagen oder sich kein Erbe finden lässt. In Berlin kommt das nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen 500 bis 600 Mal im Jahr vor. Allerdings führt man bei der Behörde keine Statistik darüber, welche Werte die einzelnen Fiskalerbschaften beinhalten und kann demzufolge auch keine Angaben darüber machen, wie viele Immobilien auf diese Weise in den Besitz des Landes übergingen. „Wir wissen aber, dass etwa die Hälfte von Berlins Fiskalerbschaften überschuldet sind“, sagte Behördensprecher Jens Metzger dem Tagesspiegel. Wenn das Land erbt, werden zunächst alle werthaltigen Gegenstände aus einem Nachlass veräußert und damit gegebenenfalls offene Verbindlichkeiten beglichen. Was danach übrigbleibt, fließt in die Landeskasse. Obwohl die Verwertung solcher Nachlässe oft viel Zeit und Personal beanspruche, habe das Land Berlin in den vergangenen Jahren auch von ihnen profitiert, sagt Metzger: Mehr als vier Millionen Euro hat die Hauptstadt allein im vergangenen Jahr durch Fiskalerbschaften eingenommen.

In strukturschwachen Gegenden werden mehr und mehr Immobilien vererbt

Insgesamt stehen in Deutschland nach einer Schätzung des Bundes zwei Millionen Wohnungen leer, die meisten davon in strukturschwachen ländlichen Regionen. In den Ballungsräumen dagegen fehlen Wohnungen. „Wir haben eigentlich genug Wohnraum in Deutschland - aber wir haben ihn an der falschen Stelle“, sagt Andreas Ibel, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft. Damit ist auch die Zahl der an den Staat vererbten Häuser in strukturschwachen Regionen gestiegen. So erbte Bayern im Jahr 2005 351 Häuser - 2015 waren es schon 535. In der Regel wird das Haus dem Staat überlassen, wenn die Kredite noch nicht abbezahlt sind. Außerdem hat Deutschland eine nicht näher bezifferbare Zahl ganz oder halb verfallener Schrottimmobilien geerbt.

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