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FlowTex-Prozess: Milliardenklage gegen Baden-Württemberg abgewiesen

Im Karlsruher FlowTex-Prozess ist die milliardenschwere Haftungsklage gegen das Land Baden-Württemberg abgewiesen worden. Der Fall ist einer der größten Amtshaftungsprozesse der deutschen Rechtsgeschichte.

Karlsruhe (26.07.2005, 14:17 Uhr) - Das Land Baden-Württemberg muss den Gläubigern des bankrotten FlowTex-Konzerns keinen Schadenersatz in Milliardenhöhe zahlen. In einem der größten Amtshaftungsprozesse der deutschen Rechtsgeschichte wurde eine Klage von insgesamt 113 Gläubigern gegen das Land am Dienstag vom Landgericht abgewiesen.

Die Kläger hatten Betriebsprüfern des Landes vorgeworfen, die Scheingeschäfte mit nicht existenten Bohranlagen jahrelang gedeckt und zum Teil auch gefördert zu haben. Die Banken und Leasinggesellschaften hatten 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz gefordert.

Nach Überzeugung des Gerichts ist es nicht erwiesen, dass ein für die Flowtex-Betriebsprüfung zuständiger Finanzbeamter aus Karlsruhe Beihilfe zum Betrug geleistet hat. Zwar hätten die Beamten beim Blick in die Bücher und Bilanzen erkannt, dass Leasingraten und Mietkosten nicht aus Einnahmen durch den Einsatz der Bohrsysteme gedeckt wurden, sondern aus dem Verkauf von Geräten an Leasingfirmen. Sie hätten die Argumente des früheren FlowTex-Chefs Manfred Schmider jedoch akzeptiert, heißt es in der Stellungnahme des Gerichts.

Auch ein Amtsmissbrauch habe nicht festgestellt werden können, heißt es in dem 189-seitigen Urteil. Etwaige Fehler führten nicht zu einer Haftung des Landes. Beamte seien nicht dazu verpflichtet, Dritte davor zu schützen, Straftaten zu begehen.

Eine Sprecherin des Finanzministeriums erklärte in einer Reaktion lediglich, man nehme das Urteil zur Kenntnis und sehe sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt.

Der Anwalt der Kläger will über eine mögliche Berufung in den kommenden vier Wochen entscheiden. «Wir werden zunächst die Urteilsbegründung analysieren, es gibt keine Tendenz», sagte er.

Einfluss auf eine Berufung könne der Mannheimer Strafprozess gegen einen Betriebsprüfer haben, der als Schlüsselfigur in der Karlsruher Verhandlung ausgesagt hatte. Der Finanzbeamte, der nach Ansicht der Kläger schon 1996 von dem Betrugssystem gewusst haben soll, muss sich demnächst unter anderem wegen mutmaßlichen Betrugs, Vorteilsannahme und Bestechung verantworten.

Der Unternehmer Schmider hatte mit seinem Unternehmen über Jahre hinweg mit Horizontal-Bohrsystemen gehandelt, die zum größten Teil gar nicht existierten. Der Betrugsskandal war Anfang 2000 aufgeflogen. Ein Jahr später waren die verantwortlichen Manager zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Mit ihrem Schwindel hatten sie einen Schaden von gut zwei Milliarden Euro angerichtet. (tso)

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