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Wirtschaft: Flug ins Ungewisse

Steigende Kerosinkosten und harte Konkurrenz drücken die Kurse der Billigflieger – sogar eine Pleitewelle ist nicht ausgeschlossen

Frankfurt am Main - Wenn die Höhe der aktuellen Kerosinzuschläge ein Indiz ist für die angespannte Lage im Luftverkehr, dann müssen die Vorstände der Fluggesellschaften bald wieder die Alarmglocken läuten. Lufthansa-Kunden etwa zahlen für einen Hin- und Rückflug auf der Langstrecke ab diesem Freitag 124 Euro Aufpreis – die nächste Anpassung nach einer Serie von Preisaufschlägen im Vorjahr. Obwohl der Konzern seine Einkaufspreise für Kerosin am Finanzmarkt zu mehr als 90 Prozent abgesichert hat, rechnet der Vorstand 2006 mit Treibstoffkosten von 3,3 Milliarden Euro. Das wären stolze 600 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Über die hohen Ölpreise stöhnt die ganze Branche. Fluglinien können die galoppierenden Kosten nur noch über Kerosinzuschläge oder andere versteckte Preiserhöhungen auffangen. Die Frage ist: Wie hoch können die Zuschläge noch ausfallen, ehe die Branche Probleme bekommt? Offiziell wird eitel Sonnenschein verbreitet, vor allem bei den expandierenden Billiglinien: Europas Marktführer Ryanair teilte gestern ein Plus von 29 Prozent für den April mit. Air Berlin hatte zuvor ein Passagierwachstum von 25 Prozent bekannt gegeben. Doch während es auf Langstrecken noch Luft zu geben scheint für höhere Preise, erkaufen sich Billigflieger ihr Wachstum innerhalb Europas oft mit abenteuerlichen Tiefpreisen. Auf die Aktion der Lufthansa, Hin- und Rückflüge ab Deutschland für 99 Euro anzubieten, reagierte Ryanair mit einem Bündel an 33-Euro-Angeboten. Investoren mögen die Kombination von steigenden (Kerosin-)Kosten und sinkenden Preisen nicht – entsprechend sind die Börsenkurse von Ryanair und Easyjet 2006 stark gesunken.

Der Verfolger Air Berlin hat es daher doppelt schwer, Anleger zu locken: Das Unternehmen muss noch beweisen, dass es nachhaltig profitabel sein kann. Es sei „eine große Herausforderung, in dieser Industrie die Anforderungen des Kapitalmarktes zu erfüllen“, sagt Eurowings-Vorstandschef Friedrich-Wilhelm Weitholz.

Früher hatten es die Billigflieger leichter, Geld an der Börse einzusammeln: Erfolgsgeschichten wie die des US-Pioniers Southwest Airlines oder der irischen Ryanair haben Anleger angelockt. 2005 schaffte selbst die kleine Firma Sky Europe den Sprung an die Börse – trotz hoher Verluste. Hochprofitable Vertreter wie Gol in Brasilien sind bislang aber die Ausnahme. Der Billigboom hat so viele Anbieter gelockt, dass Experten beim nächsten Gegenwind eine Pleitewelle befürchten – viele Linien kommen auf weniger als fünf Prozent Marktanteil. Die Unternehmensberatung Mercer Management erwartet, dass 2010 nur drei bis vier große Anbieter übrig sein werden. ebe/HB

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