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Wirtschaft: Fördern ist schwerer als Fordern

Nachdem mit Hartz IV vielen Arbeitslosen das Geld gekürzt wurde, hoffen sie nun auf Angebote

Berlin – Mit Hartz IV ist zum Jahresanfang 2005 das Arbeitslosengeld II für Langzeitarbeitslose eingeführt worden: Insgesamt 2,64 Millionen Arbeitslose bezogen Ende Februar die neue Leistung. Davon haben etwa 1,9 Millionen Personen früher Arbeitslosenhilfe bezogen, die anderen kommen aus der Sozialhilfe. Für Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) war der größte Erfolg Anfang Januar 2005, dass bei den meisten Arbeitslosen die neue Leistung pünktlich auf dem Konto einging. Doch die größte Herausforderung steht in den nächsten Wochen bevor: Nachdem die Politik zum Jahresanfang zahlreichen Arbeitslosen das Geld gekürzt hat und von ihnen mehr Mobilität bei der Jobsuche verlangt, müssen Bundesagentur für Arbeit (BA) und Kommunen den Arbeitslosen auch Angebote machen.

Ob das Förderkonzept tatsächlich aufgeht, wird sich im Laufe des Jahres zeigen. Langzeitarbeitslose, denen kein Job auf dem ersten Arbeitsmarkt angeboten werden kann, sollen unter anderem vorübergehend in Ein- Euro-Jobs beschäftigt werden. Seit Herbst 2004 wurden nach Angaben der BA 88 700 solcher Arbeitsgelegenheiten besetzt, knapp 50 000 im Osten und etwa 40 000 im Westen. Die Prognosen von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), dass im Laufe des Jahres 600000 Ein-Euro-Jobs bei Wohlfahrtsverbänden, Städten und Gemeinden sowie Vereinen geschaffen werden könnten, hält man in der BA allerdings für unrealistisch. Jedoch kündigt etwa die Arbeiterwohlfahrt an, es sei durchaus möglich, dass sie „deutlich mehr“ als die angekündigten 2500 Zusatzjobs anbieten werde. Allein in Hamburg gebe es bisher 700 Arbeitsgelegenheiten, sagt ein AWO-Sprecher.

Die Betroffenen erhalten zusätzlich zum Arbeitslosengeld II eine so genannte Mehraufwandsentschädigung von einem Euro pro Stunde. Die Ein-Euro-Jobs sind in der Regel auf neun Monate befristet. Wie häufig mit dem Ein-Euro-Job auch eine Qualifizierung verbunden ist, darüber liegen keine Zahlen vor.

Mit dem Hartz IV-Gesetz haben junge Arbeitslose unter 25 Jahren einen Rechtsanspruch auf ein Angebot vom Job Center – von der Lehrstelle bis zur berufsvorbereitenden Maßnahme. Bis Ende März soll mit jedem der 256 000 Arbeitslosengeld II-Bezieher eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen werden. Während Fachpolitiker der SPD-Fraktion den Zeitplan inzwischen nicht mehr als realistisch bezeichnen, hält die Bundesagentur weiter an dem Ziel fest. Wie viele Eingliederungsvereinbarungen bisher tatsächlich abgeschlossen wurden, kann die BA allerdings nicht beziffern. Die Arbeitgeber kritisieren, dass der Betreuungsschlüssel zum Jahresanfang nicht erreicht wurde. Wirtschaftsminister Clement hatte versprochen, dass ein Vermittler sich um 75 Jugendliche kümmert.

Weil die Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung sich in den vergangenen Monaten darauf konzentriert haben, die pünktliche Auszahlung des Arbeitslosengelds II zum Jahresanfang 2005 vorzubereiten, hat sich der Umbau der Behörde verzögert, der 2004 mit Hartz III gestartet wurde. Der BA-Vorstand plant, bis Ende 2005 alle 180 Arbeitsagenturen bundesweit zu neuen Kundenzentren umzubauen. Ursprünglich sollte dieser Prozess schon im letzten Jahr abgeschlossen sein. Kerngedanke ist, dass die Mitarbeiter sich stärker spezialisieren, also entweder in der Vermittlung oder in der Leistungsgewährung tätig sind. Wartezeiten sollen verkürzt und die telefonische Erreichbarkeit verbessert werden. Ferner ist eine stärkere Aufteilung der Arbeitslosen vorgesehen – in Gruppen mit Vermittlungshemmnissen, die intensiver betreut werden müssen und in „Marktnahe“, die es leichter haben, wieder in einem Betrieb einen Job zu finden. Die ersten Erfahrungen aus den Modellprojekten sind positiv, die Arbeitslosen fühlen sich besser betreut.

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