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Führungspositionen: Querelen um die Quote

Alle Appelle haben bis jetzt wenig bewirkt. Noch immer sind Frauen in den Führungsgremien deutscher Unternehmen rar. Die Landesjustizminister wollen ein Gesetz für mehr weibliche Führungskräfte – Bundesministerinnen nicht.

Berlin - „Es ist trotz einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft nichts Eklatantes geschehen“, sagte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) am Donnerstag zum Abschluss der Justizministerkonferenz in Hamburg. Auf ihrem Treffen verständigten sich die Justizminister der Länder daher auf das Ziel, eine gesetzliche Regelung für mehr Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen zu prüfen. Dies sei mit überwältigender Mehrheit angenommen worden, sagte Merk. „Es geht uns darum, in den Führungsetagen der Wirtschaft dafür zu sorgen, dass Frauen nicht mehr deutlich unterrepräsentiert sind.“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hatte in seiner jüngsten Studie ermittelt, dass weniger als ein Prozent der Vorstände in den 100 größten deutschen Unternehmen weiblich sind. „Das Ziel ist, dass wir stufenweise vorgehen“, sagte Merk. Es werde eine „schrittweise ansteigende Quote“ angestrebt – sie könne zunächst etwa bei 15 bis 20 Prozent liegen und später auf bis zu 40 Prozent gesteigert werden. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Hamburg, Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt soll sich nun mit den Voraussetzungen für eine gesetzliche Regelung beschäftigen. Eine solche erscheine „grundsätzlich sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich möglich“, meinte Merk.

Mit ihrem Vorstoß stellen sich die Landesjustizminister sowohl gegen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) als auch gegen Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Zwar stehen beide Ministerinnen hinter dem Ziel, die Frauenquote in den Führungsgremien deutscher Unternehmen zu erhöhen. So steht es auch im schwarz-gelben Koalitionsvertrag. Eine gesetzliche Regelung wollen beide aber erst in einem zweiten Schritt, wenn alle anderen Maßnahmen nicht fruchten. Derzeit arbeiten die zwei Ministerien daran, eine Berichtspflicht für alle Unternehmen einzuführen. Unternehmen sollen also ihre Ziele in der Frauenförderung darlegen und erklären, ob sie diese Ziele auch erreicht haben. Die Drohung steht aber im Raum: Wenn die Unternehmen sich nicht bewegen, wird es ein Gesetz geben.

Heide Pfarr, Chefin der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung, wundert sich, was die Arbeitsgruppe der Landesjustizminister noch prüfen will. „Die rechtswissenschaftliche Literatur hat sich bereits ausführlich mit dem Thema befasst“, sagte Pfarr dem Tagesspiegel. „Es kommt nur darauf an, wen sie fragen.“ Früher sei sie als Befürworterin der Quotenregelung in der Minderheit gewesen, das sei nun nicht mehr so. Es sei unstrittig, dass man per Gesetz benachteiligte Gruppen fördern könne bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nicht mehr benachteiligt sind. Nur eine starre, bedingungslose Quote sei nicht zulässig. „Alle Behauptungen, dass eine Quote automatisch dazu führt, dass unqualifizierte Frauen in Unternehmen aufsteigen, sprich, dass Putzfrauen in den Vorstand gelangen, sind absoluter Quatsch“, meinte Pfarr.

Die Berliner Arbeitsrechtlerin Claudia Frank hält eine Quote für Unsinn. Sie ist der Meinung, dass sie nicht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar ist. „Gesetzliche Vorgaben führen nicht zu einem Umdenken in den Unternehmen. Das ist aber genau das, was wir in Deutschland brauchen.“

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