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Wirtschaft: Fünf Sterne zum Zwei-Sterne-Preis

Wegen der Buchungsflaute kämpfen die Reisekonzerne mit besonders günstigen Angeboten um die Kunden – wer flexibel ist, profitiert jetzt

Es gab Zeiten, da galt Reisen noch als Luxus. Dann erfanden die Konzerne die Pauschalreise – und zwei Wochen Mallorca wurden auch für den Fließbandarbeiter samt Familie erschwinglich. Jetzt bricht eine neue Ära an. Weil immer mehr Deutsche wegen der Wirtschaftskrise, Krieg und Sars lieber zu Hause bleiben, gehen die Touristikkonzerne in die Billig-Offensive.

Der neueste Vorstoß: ein Sonderkatalog der Firma Frosch-Touristik (FTI). „Besonders günstige Angebote“ sollen darin stehen, heißt es. Bis spätestens Ende Mai sollen die Angebote in den Reisebüros eintreffen und gebucht werden können. Die Experten von FTI sind erst kürzlich in die Urlaubsgebiete gereist und haben nach eigenem Bekunden bei den derzeit gähnend leeren Hotels besonders gute Preise aushandeln können. Wie der Katalog heißt und ob Frosch Touristik die Billigangebote der Konkurrenz unterbieten kann, will man noch nicht verraten. Aber eins ist sicher: Billig wird es bestimmt.

Kampfansage der Tui

Angestoßen hat den Billig-Trend der weltgrößte Touristikkonzern Tui, als er vor zwei Wochen seine neue Marke „Discount Travel“ vorstellte. Unter dem Label sollen die übrig gebliebenen Kapazitäten von Tui und der Tui-Tochter 1-2-Fly verramscht werden. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern bereits seine Beteiligung an dem Direktverkäufer Berge & Meer auf 75 Prozent erhöht, der ebenfalls besonders günstige Reisen verkauft. Der Restverkauf via Last-minute über Ltur oder andere Kurzfristanbieter reicht den Veranstaltern nicht mehr aus. Es muss noch günstiger gehen – die Kunden, die nicht in allerletzter Minute, aber trotzdem günstig reisen wollen, sollen wieder angelockt werden.

„Wir mussten auf das veränderte Reiseverhalten der Menschen reagieren“, sagt Ralf Horter, Geschäftsführer von Discount Travel (siehe Interview). Für den Sommer rechnet die Tui mit 15 Prozent weniger Buchungen als im Vorjahr. Und 2002 sah es auch schon schlecht aus. Wenn man überhaupt in Urlaub fährt, bucht man kurz- bis mittelfristig – und möglichst billig.

Diejenigen, die jetzt pauschal verreisen wollen, können von den Billigstrategien der Konzerne profitieren. Wegen der Buchungsflaute in den letzten Monaten gibt es für die Sommermonate besonders viele günstige Angebote. Beim Direktvermarkter Berge & Meer, dessen Reisen man im Internet, per Telefon oder über Tchibo buchen kann, kann man beispielsweise für 95 Euro eine Woche ins Drei-Sterne-Hotel in die Toskana oder acht Tage lang für 899 Euro ins Vier-Sterne Hotel auf die Malediven fahren.

Der Haken an der Sache? „Gibt es nicht“, sagt Berge & Meer-Geschäftsführer Rainer Meutsch. „Wir verkaufen vier bis fünf Sterne Reisen zu Zwei-Sterne-Preisen“. Allerdings muss man sich bei Berge und Meer darauf einstellen, in großen Hotelanlagen zu landen. „Wir erzielen unseren Preisvorteil nicht nur aus dem direkten Vertrieb, sondern auch aus dem Einkauf von großen Volumen“, betont Meutsch. Konsequenz: Der Kunde kann lange nicht so flexibel auswählen wie bei einem klassischen Veranstalter.

Dasselbe gilt für Discount Travel, Bucher Reisen, die Restplätze im Thomas Cook-Konzern verkaufen, oder Tjaereborg, den Billiganbieter der Rewe-Touristik-Gruppe. Auch hier gibt es günstige Angebote – entweder aus übrig gebliebenen Plätzen oder extra ausgehandelten Angeboten: zum Beispiel eine Woche Mallorca im Drei-Sterne Hotel bei Discount Travel für 189 Euro. Familien, die sich langfristig festlegen möchten, sind hier jedoch fehl am Platz. Im Berge & Meer-Katalog behält sich der Veranstalter bei vielen Angeboten vor, das Hotel zu ändern.

Auf noch billigere Preise braucht man jetzt nicht mehr zu warten. Allein für den Flug müsse der Veranstalter 100 Euro zahlen, sagt ein Bucher-Sprecher. „Bei um die 199 Euro für eine Woche am Mittelmeer liegt wirklich die absolute Schmerzgrenze“.

Mehr zu dem Thema im Internet:

www.bucher-reisen.de , www.discount-travel.de , www.berge-meer.de , www.tjaereborg.de

Flora Wisdorff

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