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Wirtschaft: Fünf Weise erwarten 1,5 Prozent Wachstum

Bei Vorziehen der Steuerreform 1,7 Prozent/Mehr Arbeitslose

Berlin (akz/uwe/uhl/HB). Die konjunkturelle Entwicklung wird in Deutschland nach Einschätzung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im kommenden Jahr verhalten bleiben. „Gezogen von dem weltweiten Aufschwung“ werde das Wachstum ohne Vorziehen der Steuerreform 1,5 Prozent betragen. Mit der Steuerreform und mit der von der Koalition geplanten Gegenfinanzierung vor allem durch den Abbau von Subventionen schätzen die fünf Professoren den Zuwachs auf 1,7 Prozent. Der Anteil der Arbeitslosen an der Zahl der Erwerbspersonen werde 2004 von 10,5 auf 10,6 Prozent steigen. Das entspricht in diesem Jahr 4,383 und im nächsten Jahr 4,399 Arbeitslosen. Die Preisstabilität sei auch 2004 mit einer Zunahme der Verbraucherpreise um 1,2 Prozent nach 1,1 Prozent im laufenden Jahr „nicht gefährdet“. Wegen der nochmals schlechteren Situation der öffentlichen Haushalte werde der Anteil des gesamtstaatlichen Defizits am Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr 4,1 Prozent betragen. Für 2004 rechnen die Experten mit einer Defizitquote von 3,4 Prozent, falls es nicht zu einem Vorziehen der Steuerreform und der von der Koalition geplanten Gegenfinanzierung käme. Falls die Koalition ihre Pläne durchsetzt, ergäbe sich ein Defizit von 3,6 Prozent.

Unterdessen meldete das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), dass sein KonjunkturIndikator überraschend stark gestiegen sei. Auch die Export-Zahlen der Bundesbank für den Monat September sind positiv – nach Ansicht von Experten ein Zeichen dafür, dass die konjunkturelle Wende da ist.

„Die positiven Erwartungen für 2004 haben auch damit zu tun, dass die Wirtschaft einige Hoffnung auf den Vermittlungsausschuss setzt“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, dem Tagesspiegel. „Es geht nicht nur um das Vorziehen der Steuerreform und deren Finanzierung, sondern auch um die weiteren Reformgesetze der Agenda 2010.“ Der BDI warnt davor, die jetzt gestiegenen Hoffnungen schon für bare Münze zu nehmen. Es werde noch mindestens drei Monate dauern, bis sich die Erwartungen tatsächlich in harten Zahlen niederschlügen, sagte BDI-Volkswirt Reinhard Kudiss. Joachim Scheide, Konjunkturchef im Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW), bemerkt, dass die Erwartungen immer noch deutlich besser seien als die aktuelle Lage.

Immerhin: „Die Konjunkturwende haben wir schon erreicht“, sagte Stefan Schilbe, Chefvolkswirt beim Bankhaus HSBC, dem Tagesspiegel. „Doch die Binnenkonjunktur bleibt weiterhin schwach. Impulse kommen zurzeit nur aus dem Ausland.“ Nach Angaben der Bundesbank nahmen Deutschlands Ausfuhren im September um 5,3 Prozent gegenüber dem Vormonat zu. Damit stieg der Export im dritten Monat in Folge. „Deutschlands Rolle in der Welt ist wieder stärker geworden“, sagt Uwe Angenendt, Chefvolkswirt der Bank ING-BHF.

Der ZEW-Indikator, der die Konjunkturerwartungen von Finanzmarktanalysten wiedergibt, stieg zuletzt von 60,3 Punkten auf 67,2 Zähler. Volkswirte hatte einen Anstieg auf nur 65,0 Punkte erwartet. „Die Nachrichten sind erfreulich. Jetzt kommt alles darauf an, dass auch die Wirtschaftspolitik das gestiegene Vertrauen rechtfertigt“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. „Darin spiegelt sich die Hoffnung wieder, dass die Steuerreform vorgezogen wird,“ meinte auch ING-BHF-Ökonom Angenendt.

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