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Eine Behinderung darf nicht zur Benachteiligung eines Menschen führen.

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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Für viele ist Diskriminierung immer noch Alltag

Vor zehn Jahren trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gegen Diskriminierung in Kraft. Was es gebracht hat und was noch zu tun ist.

Eigentlich wollte sich Ersin Tasar in seiner Freizeit nur ein bisschen sportlich betätigen. Doch das Fitnessstudio in der Duisburger Innenstadt, bei dem der Rechtsanwalt im Oktober 2011 Mitglied werden wollte, lehnte seinen Aufnahmeantrag ab. Die Kapazitäten seien „erschöpft“, ließ man den verdutzten Juristen wissen. Eine Begründung, die der junge Mann weder glauben, noch hinnehmen wollte: Schließlich habe er auf eine Werbeaktion des Unternehmens reagiert, bei der mit Rabatten um Mitglieder geworben wurde.

Mehr als 15000 Menschen haben sich bei der Antidiskriminierungsstelle beraten lassen

Ersin Tasar ist einer von vielen, die sich in den vergangenen zehn Jahren hierzulande aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Religion, einer Behinderung oder anderer Merkmale diskriminiert fühlten und unter Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Gericht gezogen sind. Nach dem Gesetz darf in der Geschäftswelt, aber auch in zivilen Lebensbereichen wie der Wohnungssuche, niemand benachteiligt werden. Die Regelung trat im August 2006 in Kraft. Seit diesem Termin existiert auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) in Berlin, die Betroffene berät. Mehr als 15000 Menschen hätten sich seit ihrer Gründung an die Institution gewandt, sagte ADS-Chefin Christine Lüders am Donnerstag bei einer Fachtagung zum Jubiläum des AGG. „Wir sehen, dass der Schutz vor Diskriminierung in Deutschland akzeptiert wird, selbstverständlich geworden ist und wirkt“, würdigte Lüders das Gleichbehandlungsgesetz. Mittlerweile hätten zahlreiche Gerichte, darunter auch der Bundesgerichtshof und das Bundesarbeitsgericht, Fälle von Diskriminierung geahndet. Dennoch gehöre Benachteiligung in vielen Lebensbereichen wie etwa der Arbeitswelt weiterhin zum Alltag.

Das AGG muss überarbeitet werden, fordern Experten

„Wir müssen Betroffenen künftig noch besser helfen und ihre Rechte stärken“, forderte Lüders. Dafür sei eine Überarbeitung des AGG dringend notwendig. Die Praxis der vergangenen zehn Jahre habe unter anderem gezeigt, dass die im Gesetz festgelegte Klagefrist von zwei Monaten für viele Betroffene zu kurz sei. „Die meisten haben gar kein Bewusstsein dafür, dass ihnen im Falle einer Diskriminierung laut AGG Schadenersatz zusteht“, sagte die Juristin Christiane Brors in ihrer Keynote. Auch aus diesem Grund sei es angebracht, die im Gesetz vorgesehene Klagefrist bei einem Diskriminierungsfall auf sechs Monate auszuweiten. Brors hatte das aktuelle Gleichbehandlungsgesetz für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes evaluiert. Aus ihrer Sicht müsste das AGG Betroffenen vor allem auch die Möglichkeit geben, nicht nur individuell, sondern auch im Zuge einer Verbandsklage gegen Diskriminierung vorzugehen, wie es etwa im Rahmen des Verbraucherschutzes gängige Praxis ist.

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