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Wirtschaft: Gasprom bereitet sich auf Blockade vor

Statt durch Weißrussland soll mehr Gas über die Ukraine exportiert werden / Deutsche Versorger rechnen nicht mit Engpässen

Berlin - Der russische Energiekonzern Gasprom will den Gasexport nach Westeuropa über die Ukraine erhöhen und so eine drohende Blockade der weißrussischen Pipelines abschwächen. Das berichtete die russische Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag. Die Gaswirtschaft in Deutschland ist wegen des Streits zwischen dem Staatskonzern und Weißrussland noch nicht beunruhigt. „Die Speicher sind außerordentlich gut gefüllt“, sagte Marian Rappl, Sprecher des Branchenverbands BGW, dem Tagesspiegel. Wegen der bislang milden Witterung sei kaum Gas aus diesen Vorräten verbraucht worden (siehe Kasten). Beim Berliner Versorger Gasag hieß es: „Niemand muss sich ernsthafte Sorgen machen.“ Und ein Sprecher von Gasprom Germania, der deutschen Tochter des russischen Konzerns, sagte: „Sicher ist: Die Reserven reichen eine Weile.“ Die Pipeline durch Weißrussland sei aber „eine wichtige Verbindung nach Deutschland“.

Auslöser der Auseinandersetzung ist die Forderung Gasproms, dass Weißrussland künftig 105 Dollar statt 46,67 Dollar je tausend Kubikmeter zahlen soll. Konzernchef Alexej Miller droht, zum 1. Januar die Lieferungen an das Nachbarland einzustellen, sollte bis dahin kein neuer Vertrag abgeschlossen worden sein. Weißrussland kündigte im Gegenzug an, die Transitleitungen Richtung Westeuropa, dem wichtigsten Exportmarkt Gasproms, zu blockieren. Ohne eine Vereinbarung über die Preise bestehe ab dem 1. Januar „natürlich“ auch kein Vertrag über die Durchleitung von Gas in den Westen, sagte der Ministerpräsident Weißrusslands, Sergej Sidorski.

Die Europäische Union fordert ein Ende des Streits zwischen Moskau und Minsk. Für den 4. Januar ist in Brüssel eine Sitzung der zuständigen Gasexperten der EU angesetzt worden. Bundeswirtschaftsminster Michael Glos (CSU) sagte, die Regierung sehe den Konflikt „mit Sorge“. Er appelliere an beide Seiten, „schnellstmöglich eine tragfähige Vereinbarung“ zu erreichen. Der Bund stehe in engem Kontakt mit den deutschen Versorgern. Hierzulande sei „eine Gefährdung der Versorgungssicherheit nicht zu befürchten“.

Deutschland bezieht den größten Teil des Erdgases aus Russland (siehe Grafik). Davon kommt ein Fünftel durch die Leitungen in Weißrussland, das meiste Gas aber durch ukrainische Pipelines. BGW-Sprecher Rappl wies außerdem darauf hin, dass weitere große Lieferantenländer – insbesondere Norwegen, die Niederlande und Großbritannien – in der Lage sind, mehr Gas zur Verfügung zu stellen. Durch die milde Witterung werde auch weniger Gas in den Ländern selber benötigt. Ein Sprecher des norwegischen Öl- und Gaskonzerns Statoil sagte auf Anfrage: „Wir werden die Nachfrage unserer Kunden decken, so weit sie in den Verträgen vereinbart ist.“

Anfang 2006 hatte es einen Streit zwischen Gasprom und der Ukraine gegeben. Er war zwar schnell beigelegt worden, hatte aber die großen europäischen Verbraucher aufgeschreckt. Eine Blockade der russischen Lieferungen hatte es selbst in der Hochphase des Kalten Krieges nicht gegeben. Die neue Gaspipeline durch die Ostsee, die voraussichtlich 2010 fertig ist, wird die osteuropäischen Transitländer umgehen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigt sich besorgt. Sie schreibt in einem Beitrag für das „Handelsblatt“: „Europa muss seine Abhängigkeiten reduzieren, um seine Energieversorgung langfristig zu sichern.“ Russland sei ein wichtiger Energiepartner, mit dem man über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen verhandeln werde, „das ein ehrgeiziges Energiekapitel enthalten soll“. mit AFP, dpa

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