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Gasstreit: Gasprom stoppt Exporte an Ukraine

Russland dreht der Ukraine den Gashahn zu. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen neuen Liefervertrag hat der vom Kreml kontrollierte Gaskonzern Gasprom begonnen, die Exporte an den Nachbarn zu stoppen.

Moskau/Kiew - Im russisch-ukrainischen Streit um drastische Preiserhöhungen für Gas hat der vom Kreml kontrollierte Konzern Gasprom dem Nachbarstaat wie angedroht den Hahn zugedreht. Wenige Stunden nach Ablauf eines Ultimatums zum Jahreswechsel drosselte der weltgrößte Gasproduzent am Neujahrsmorgen seine für die Ukraine bestimmten Exporte. «Wir sind gezwungen, die Lieferungen zu stoppen», sagte ein Konzernsprecher am Sonntag in Moskau. Gasprom fordert Weltmarktpreise von der Ukraine, die die bisherigen Tarife um fast das Fünffache übersteigen. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko bezeichnete den Preis von 230 Dollar (195 Euro) je 1000 Kubikmeter als «inakzeptabel». Man müsse neu verhandeln, forderte er.

In der Ukraine wurde im Tagesverlauf ein Druckverlust in den Pipelines zur Inlandsversorgung registriert. Der Energiemarkt sei aber vorerst nicht betroffen, hieß es in Kiew.

Die Gasprom-Führung erhob schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Kiew. «Von Anfang an waren sie darauf aus, ab dem 1. Januar illegal Gas abzuzapfen oder genauer gesagt zu stehlen», betonte der Gasprom- Sprecher Sergej Kuprijanow. Dafür gebe es Beweise. Der ukrainische Regierungschef Juri Jechanurow widersprach am Sonntagabend dem Diebstahl-Vorwurf. Der Energieversorger Neftegas Ukrainy teilte in Kiew mit, man habe Gasprom rechtzeitig einen Vertragsentwurf geschickt, in dem «marktgerechte Preise» fixiert worden seien.

Die Ukraine will bis zum Abschluss eines neuen Liefervertrages mit eigenen Vorkommen sowie mit Exporten aus Turkmenien über die Runden kommen. Dagegen teilte Gasprom mit, sämtliche turkmenischen Exporte würden ab sofort von Gasprom verwaltet. Kiew hatte zuletzt Anspruch auf 15 Prozent des russischen Gases als Transitgebühr erhoben.

Mit dem Neujahrstag übernahm Russland auch den Vorsitz der G8-Industriestaaten. Nach dem Willen von Präsident Wladimir Putin soll die Energieversorgung im Mittelpunkt der russischen G8-Führung stehen. Putin hatte noch wenige Stunden vor Auslaufen des Altvertrages dem «ukrainischen Brudervolk» einen Aufschub angeboten. Die Ukraine könne noch bis Ende März russisches Gas zum Billigtarif erhalten, wenn sie bis zum Jahreswechsel einem Vertrag mit «marktgerechten Preisen» zustimme.

Bislang zahlte die Ukraine 50 Dollar (43 Euro) je 1000 Kubikmeter Gas, in Zukunft sollen es nach den Gasprom-Plänen 230 Dollar sein. Juschtschenko wiederholte am Sonntag die Bereitschaft, «marktgerechte Preise» an Russland zu zahlen. Bis zur Fertigstellung der Ostsee- Pipeline im Jahr 2010 wird der Großteil der russischen Gasexporte weiter durch die Ukraine fließen.

Die Gasprom-Führung teilte mit, es bestehe die Gefahr, dass auch die Kunden in der Europäischen Union in Mitleidenschaft gezogen werden. «Sie (die ukrainische Führung) stiehlt das Gas bei den europäischen Verbrauchern», sagte der Gasprom-Sprecher in Moskau. Wenn russisches Gas auf dem Weg zu den Kunden in der Europäischen Union verloren gehe, trage allein die Ukraine die Verantwortung, betonte das Außenministerium in Moskau. Nach Gasprom-Angaben fließt russisches Gas in der Ukraine durch fünf Pipelines, drei davon seien für den Export bestimmt.

Am Vortag hatten noch mehrere EU-Länder Russland aufgefordert, die Gaslieferungen «in vollem Umfang» aufrechtzuerhalten. Eine Reduzierung «könnte zu nicht unerheblichen Problemen für die Gasversorgung in Europa führen», schrieben die für Energie zuständigen Minister mehrerer Abnehmerländer, darunter auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Die Versorgung der deutschen Haushalte mit Gas ist nach Einschätzung von Eon Ruhrgas trotz des osteuropäischen Streits um Gaslieferungen nicht gefährdet. (tso/dpa)

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