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Wirtschaft: "Geld und Macht interessieren mich nicht"

Die holländische Firma MAATWERK vermittelt gegen eine Gebühr Sozialhilfeempfänger und Schwervermittelbare wieder in Arbeit, die von den offiziellen Stellen nicht mehr vermittelt werden.Der Gründer des Unternehmens, Jos Berends, hat inzwischen nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern Erfolg mit seiner Geschäftsidee.

Die holländische Firma MAATWERK vermittelt gegen eine Gebühr Sozialhilfeempfänger und Schwervermittelbare wieder in Arbeit, die von den offiziellen Stellen nicht mehr vermittelt werden.Der Gründer des Unternehmens, Jos Berends, hat inzwischen nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern Erfolg mit seiner Geschäftsidee.Mit Berends sprach Marie Wildermann.

TAGESSPIEGEL: Sie hätten das Öl-Unternehmen Ihres Vaters fortführen können.Warum sind Sie nicht bei ihm eingestiegen?

BERENDS: Weil es bei diesen Geschäften nur darum geht, wieviel Geld und Macht jemand hat.Das hat mich nicht interessiert.

TAGESSPIEGEL: Nun sind Sie aber doch Unternehmer geworden.Ihre Firma MAATWERK expandiert, Sie sind in sieben europäischen Ländern vertreten und haben einen Jahresumsatz von 40 Millionen Mark.Geht es doch um Geld und Macht?

BERENDS: Ich habe 15 Jahre lang als Sozialarbeiter gearbeitet, mit Langzeitarbeitslosen und sogenannten Schwervermittelbaren.Ich habe gelernt, daß man diesen Menschen nur helfen kann, wenn man ihnen wieder eine Lebensperspektive gibt, und zwar durch eine feste Arbeit.Natürlich muß ich nachdenken über MAATWERK als Organisation, finanziell zum Beispiel.Ich will MAATWERK nicht sehr groß machen und viel Geld damit verdienen.Das Unternehmen muß natürlich Geld verdienen, aber wir wissen noch immer, warum wir das machen.Wir machen das für die Menschen.

TAGESSPIEGEL: Wie überzeugen Sie Arbeitgeber, Sozialhilfeempfänger einzustellen?

BERENDS: Schwervermittelbare wollen arbeiten.Und sie können es auch, wenn man den richtigen Arbeitsplatz für sie findet.Und wenn man sie gut begleitet.Die Unternehmen stehen dem in der Regel auch recht aufgeschlossen gegenüber.Mindestens die Hälfte aller Langzeitarbeitslosen in ganz Europa könnte man so vermitteln, zum Teil sogar ohne Programme wie ABM.Aber meistens wird es gar nicht versucht, oder nur einmal, und wenn es nicht gelingt, gibt man auf.Das ist unmöglich.Man muß bis zum Ende versuchen, sie zu vermitteln.Arbeit ist so wichtig im Leben der meisten Menschen.Wir sehen jeden Tag, was das bringt, wenn jemand wieder Arbeit findet, für seine Familie, für seine Gesundheit.

TAGESSPIEGEL: Vermitteln Sie auch in Beschäftigungsverhältnisse, die unter Tarif bezahlt werden?

BERENDS: Unser Bestreben ist, Stellen zu finden, bei denen nach Tarif bezahlt wird.Aber wenn sich herausstellt, daß ein Arbeitsloser eine Stelle findet, wo er zunächst nur das verdient, was er vorher an Sozialhilfe bekommen hat, dann bestimmt der Arbeitslose, ob er das machen will.Wenn er das nicht macht, können wir das gut verstehen.Dann suchen wir eine andere Stelle.Aber es kann sein, daß derjenige sagt, ich will raus aus meiner Situation, und es macht mir nichts aus, daß ich dann etwas weniger verdiene.

TAGESSPIEGEL: Wieviel verdienen Sie mit der Not anderer?

BERENDS: Im Vergleich zu anderen, die Sozialhilfeempfänger wieder in Arbeit bringen, wenig.Schulungen oder Qualifizierungsmaßnahmen kosten etwa 30 000 Mark pro Kopf.Bei uns kostet eine Vermittlung ungefähr 6000 Mark.Für die 6000 Mark müssen wir auch alles bezahlen, das Personal und manchmal auch Miete.Wir müssen von den Niederlanden aus mit unseren Trainern und Coaches kommen.Aber das geht.Wir brauchen keine 30 000 Mark.

TAGESSPIEGEL: Was unterscheidet Ihre Mitarbeiter von anderen Arbeitsvermittlern?

BERENDS: Wer bei MAATWERK arbeitet, muß Lebenserfahrung haben und daran glauben, daß Langzeitarbeitslose arbeiten wollen und können.Unsere Leute müssen sehr erfolgsorientiert arbeiten, konkret sein, sehr praktisch sein.Man muß mit jeder Person reden können, mit den Langzeitarbeitslosen, aber auch mit Arbeitgebern.Darum nehmen wir oft Menschen, die mehr gesehen haben als nur das eigene Land, die in verschiedenen Kulturen gelebt und kommuniziert haben.In der Regel nehmen wir niemanden, der schon einmal im Sozialamt oder Arbeitsamt gearbeitet hat.Diese Menschen haben doch eine bestimmte Kultur und Erfahrung mitbekommen, die sie sich wieder abgewöhnen müssen.

TAGESSPIEGEL: Was passiert mit Mitarbeitern, der keine Erfolge erzielen.Feuern Sie die?

BERENDS: Ja, das kann sein.Wir versuchen natürlich, denjenigen so lange zu coachen und zu unterstützen, daß er doch das Niveau bekommt, was wir brauchen.Aber es kommt vor, daß wir jemanden entlassen.Fünf oder zehn Prozent.

TAGESSPIEGEL: MAATWERK arbeitet inzwischen europaweit.Es gibt aber unterschiedliche Sozialsysteme in den verschiedenen Ländern.Ist das kein Hindernis?

BERENDS: Der Unterschied zwischen Ungarn und Deutschland oder Österreich ist natürlich groß.Aber im großen und ganzen kann man sagen, die Probleme sind überall gleich.Man hat überall Arbeitslose, Langzeitarbeitslose, Schwervermittelbare und Arbeitgeber, die nicht so viel Interesse haben, diese Personen anzunehmen.Und überall hat man auch, in allen Ländern, Arbeitsämter, die nicht entsprechend organisiert sind, um diesen Arbeitslosen zu helfen.Das ist eine Situation, die man überall in Europa antrifft.

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