zum Hauptinhalt
Verbraucherschützer raten, alte Bausparverträge bloß nicht zu kündigen.

© dpa

Geldanlage: Die Tricks der Bausparkassen

Die Institute versuchen Kunden derzeit vermehrt aus hochverzinsten Alt-Verträgen herauszudrängen. Was Anleger tun können.

Von Carla Neuhaus

Noch bis vor wenigen Wochen hatten Gisela Willuhn und ihr Mann drei Bausparverträge. Weil sie die schon vor Jahren abgeschlossen hatten, bekamen sie darauf über vier Prozent Zinsen für ihr Erspartes. In Zeiten der Schuldenkrise prächtige Konditionen. Doch dann stand kürzlich der Vertreter der Bausparkasse vor der Tür. Er sprach vom allgemeinen Zinsniveau, das gesunken sei, und dass die Bausparkasse ihnen deshalb keine vier Prozent mehr zahlen könnte. Außerdem sei es doch sinnvoll, die drei alten Verträge mal in einen neuen zu überführen. Erst als der Vertreter wieder gegangen war, kam das Ehepaar aus Blankenfelde ins Grübeln. Doch da war es zu spät, sie hatten unterschrieben. 500 Euro Abschlussgebühr mussten sie für den neuen Vertrag bezahlen und auf ihr Erspartes sollten sie nur noch 2,2 Prozent Zinsen bekommen. Zudem könnten sie mit dem neuen Vertrag erst in sieben Jahren wieder an ihr Erspartes ran. „Wir haben uns überrumpelt gefühlt“, sagt Gisela Willuhn.

So wie ihr geht es derzeit vielen Verbrauchern. Denn die Bausparkassen versuchen zunehmend Kunden aus ihren alten, hochverzinsten Verträgen herauszudrängen. Betroffen sind nach Angaben der Stiftung Warentest unter anderem Kunden von Wüstenroth, Huk-Coburg und BHW. Der Grund für das aggressive Vorgehen der Bausparkassen: Wie das Ehepaar Willuhn zahlen viele Verbraucher noch immer in Verträge ein, die sie vor zehn Jahren oder mehr abgeschlossen haben. Damals war von einer Finanzkrise noch keine Spur, die Marktzinsen waren hoch. Weil bei einem Bausparvertrag sowohl Spar- als auch Darlehenszins am Anfang für die gesamte Laufzeit festgelegt werden, profitieren davon noch heute viele. Bis zu fünf Prozent bekommen manche Anleger für ihr Erspartes. Doch für die Bausparkassen wird das jetzt zum Problem. Denn sie können die üppigen Einlagezinsen, die sie ihren Kunden zahlen müssen, nicht mehr ohne Risiko am Kapitalmarkt erwirtschaften. Gleichzeitig nehmen nur die wenigsten Sparer das angebotene Darlehen mit hohen Sollzinsen in Anspruch, weil sie bei der Hausbank derzeit einen Kredit zu günstigeren Konditionen bekommen.

Als Folge raten viele Bausparkassen ihren Kunden derzeit, Altverträge zu kündigen. So bekam Harald Gräfe zum Beispiel vor wenigen Tagen ein Schreiben der Debeka. Es liest sich wie ein gut gemeinter Rat. „Wir empfehlen lhnen die Besparung eines neuen Vertrages mit den gewohnten, monatlichen Einzahlungen“, schreibt das Institut. „Ich musste das mehrfach lesen, bis ich verstanden habe, was die eigentlich wollen“, sagt Gräfe. Dabei ist er vom Fach, leitet das Regionalzentrum Frankfurt (Oder) der Verbraucherzentrale Brandenburg. Obwohl er bislang nur 80 Prozent angespart hat, riet seine Bausparkasse ihm dazu, seinen alten Vertrag zu kündigen und einen neuen abzuschließen. Einen Antrag dafür hatte die Debeka gleich mitgeschickt. „Aber ich sehe gar nicht ein, warum ich jetzt einen neuen Vertrag abschließen sollte“, sagt der Verbraucherschützer.

{Wann Bausparkassen den Vertrag kündigen dürfen}

Neben den schlechteren Konditionen eines neuen Vertrags können bei einem Wechsel weitere Kosten wie Wechsel- und Abschlussgebühren anfallen. Außerdem verlieren die Sparer möglicherweise den vereinbarten Bonus, der gezahlt wird, wenn sie auf das angebotene Darlehen der Bausparkasse verzichten.

Alternativ zu einem neuen Vertrag bieten manche Bausparkassen den Kunden bei Kündigung des Altvertrags auch ein Tages- oder Festgeldkonto an – für rund drei Prozent Zinsen. Aber auch das sind reine Lockangebote, sagt Rüdiger Stumpf von der Stiftung Warentest: „Die drei Prozent gibt es dann meist nur für ein halbes Jahr, danach wird das Geld nur noch niedrig verzinst.“

Manche Bausparkassen drohen ihren Kunden derzeit gar mit der Kündigung ihres alten Vertrags. „Die Verbraucher sollten sich davon aber nicht irritieren lassen und die alten Verträge behalten“, rät Stumpf. Kündigen können die Bausparkassen die Altverträge nur, wenn die Bausparsumme bereits erreicht worden ist. Dann gilt der Vertrag als „überspart“ und der Kunde kann kein Baudarlehen mehr in Anspruch nehmen.  Weil damit der eigentliche Zweck des Bausparvertrags wegfällt, dürfen die Institute ihn mit einer Frist von drei Monaten kündigen.

Die  Stiftung Warentest rät Sparern deshalb, die Einzahlungen zu stoppen, sobald das Guthaben etwa 85 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht hat. Auf diese Weise können die Anleger möglichst lange den vereinbarten Basiszins kassieren, ohne eine Kündigung durch die Bausparkasse zu fürchten.

Für Gisela Willuhn und ihren Mann ist der Fall noch einmal gut ausgegangen. Sie gingen mit ihren Verträgen zur Verbraucherzentrale. „Ich habe ihnen geraten, noch einmal mit dem Vertreter zu sprechen“, sagt Sylvia Schönke, die das Regionalzentrum Potsdam der Verbraucherzentrale Brandenburg leitet. An diesem Mittwoch kam daraufhin der Vertreter noch einmal bei dem Ehepaar vorbei. „Wir haben ihm gesagt, dass wir uns falsch beraten fühlen“, erzählt Gisela Willuhn. Auch habe sie erwähnt, dass ihr Fall in der Zeitung geschildert würde. Der Vertreter lenkte ein, sagte, die Zufriedenheit seiner Kunden sei ihm wichtiger als seine Provision. Das Ergebnis: Die Kündigung der Altverträge und der Abschluss des Neuvertrags werden rückgängig gemacht. Auch die 500 Euro Abschlussgebühr bekommen die Willuhns zurück.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false