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Spitzentreffen. Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), und EZB-Präsident Mario Draghi am Rende der Konferenz im portugiesischen Sintra.

© dpa

Geldpolitik und Deflation: EZB will handeln - falls nötig

Die Europäische Zentralbank beruhigt die Märkte: Sollte die Inflationsrate weiter sinken, steht die EZB bereit. Viele Möglichkeiten zur Intervention hat sie nicht mehr.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Handlungsbereitschaft im Kampf gegen eine gefährliche Deflationsspirale unterstrichen. Es sei zwar weiter davon auszugehen, dass die Inflationsrate auf mittlere Sicht wieder in Richtung zwei Prozent anziehe, sagte Notenbank-Präsident Mario Draghi am Montag auf einer hochkarätig besetzten Konferenz der EZB in Portugal. “Es ist aber unsere Verantwortung, die Risiken für dieses Szenario zu sehen und uns darauf vorzubereiten zu handeln, falls nötig.“ Die EZB werde nicht zulassen, dass die Teuerungsrate zu lange auf einem zu niedrigen Niveau bleibe, betonte Draghi in Sintra nordwestlich der portugiesischen Hauptstadt Lissabon.

Entscheidung am 5. Juni

Der EZB-Rat entscheidet das nächste Mal am 5. Juni über seinen weiteren geldpolitischen Kurs. Draghi hatte schon Anfang Mai signalisiert, dass der EZB-Rat dann Maßnahmen gegen die niedrige Inflation ergreifen könnte. Die Notenbank plant offenbar neben einer weiteren Senkung des Leitzinses von derzeit 0,25 Prozent erstmals Strafzinsen für Banken und den Einsatz weiterer Geldspritzen. Ziel der Maßnahmen wäre zum einen die gezielte Schwächung des Euro, dessen Stärke die Importe verbilligt und der EZB damit das Leben weiter erschwert. Zusätzliches Geld würde zudem sicherstellen, dass ausreichend Kredite in die Wirtschaft fließen, damit ein künftiger Aufschwung nicht daran scheitert. “Je weiter die Erholung vorangeht, desto wichtiger ist es, dass Beschränkungen im Kreditangebot zurückgehen, damit die Konjunktur überhaupt wieder anziehen kann.“

Draghi warnt vor der Kreditklemme

Draghi hob hervor, dass es nicht zuletzt die Kreditklemme in einigen Euro-Ländern sei, die ein stärkeres Wirtschaftswachstum verhindere. Hier könne die EZB mit ihren geldpolitischen Mitteln eine Art Brückenfunktion übernehmen, um zu verhindern, dass die Kreditnachfrage schneller wachse als das -angebot. Dabei nannte er als eine Option einen Aufkauf von Kreditverbriefungen durch die Zentralbank, um die Bilanzen der Banken schneller freizuräumen. “Sollte die Verfügbarkeit von Finanzierungsmitteln der limitierende Faktor bei Krediten sein, dann kann die Geldpolitik eine überbrückende Rolle übernehmen.

Unternehmen könnten Investitionen verschieben

Draghi unterstrich in Sintra, dass der EZB-Rat derzeit mit erhöhter Aufmerksamkeit alle neu verfügbaren Informationen der Kreditvergabe der Banken in den 18 Euro-Ländern prüfe. Er warnte vor einem Horrorszenario, “dass private Haushalte und Unternehmen in einem klassischen Deflationszyklus geplante Investitionen verschieben“. Um dies zu verhindern, könnten “mehr vorbeugende Aktionen“ nötig werden. Die Teuerung in der Währungsunion liegt seit Monaten klar unter dem Ziel der EZB von knapp unter zwei Prozent. Nach einem Tiefstwert von nur 0,5 Prozent im März war die Inflationsrate im April allerdings wieder leicht auf 0,7 Prozent angezogen. Die meisten Experten erwarten, dass sie in den kommenden Monaten in etwa auf diesem Niveau bleibt oder nur minimal anzieht.

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