zum Hauptinhalt

Wirtschaft: „Gelingt keine Einigung, wäre es das Ende“

Wie Vorstandschef Stefan Säuberlich die Lage sieht

Herr Säuberlich, sie haben den Verlust vervierzehnfacht und ihr Umsatzziel wieder verfehlt. Was läuft da schief?

Als großen Sondereffekt hatten wir in diesem Halbjahr die Insolvenz unserer Beteiligung an dem Solarzellenhersteller Blue Chip in Österreich.

Was ein Drittel der Verluste erklärt.

Es war insgesamt ein katastrophales Halbjahr – nicht nur für Solon, sondern für die ganze Branche: Weil hierzulande die Förderkürzungen trotz der nach Fukushima angekündigten Energiewende nicht zurückgenommen worden sind. Weil in Italien eine plötzliche Kehrtwende der Politik den Markt zeitweise zu einem völligen Stillstand gebracht hat. Und weil in Großbritannien, wo wir auch recht viel Zeit und Geld in die Entwicklung von Kraftwerksprojekten investiert hatten, die Förderung für Anlagen auf Freiflächen inzwischen um 70 Prozent gekürzt wurde. Das hat uns kalt erwischt. Immerhin entwickelt sich der US-Markt sehr stabil.

Wie fangen sie die Entwicklung auf?

Zum einen haben wir unser bestehendes Restrukturierungsprogramm noch mal auf Herz und Nieren mit Hilfe externer Berater überprüft. Diese helfen uns, das Programm noch aggressiver und schneller umzusetzen.

Sparen allein hilft?

Nein, wir passen auch unsere Strategie an: In Europa – anders als in den USA – ist die große Zeit des Kraftwerksbaus auf Freiflächen vorbei. Wir konzentrieren uns hier nun stark auf Anlagen für Industriedächer. Für die sind die handelsüblichen Anlagen zu schwer. Daher haben wir frühzeitig begonnen, dafür passende Produkte zu entwickeln. Nach ersten Messevorstellungen haben wir hunderte Anfragen erhalten.

Als sie im Januar 2010 als Sanierer auf den Chefposten kamen, ging es Solon schlecht. Jetzt geht es noch schlechter. Hatten Sie sich das so vorgestellt?

Nein. Wenn mir einer damals gesagt hätte, dass die Nachfrage derart brutal einbrechen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Allein seit Dezember sind die Modulpreise um 30 Prozent gefallen.

Haben Sie selbst Fehler begangen?

Hätte ich kommen sehen, was wir jetzt erleben, hätte ich einige Punkte der Restrukturierung früher umgesetzt. Fakt ist aber auch, dass unsere Situation heute nicht viel schlechter ist als bei meinem Antritt – auch weil ich mich sofort um die Finanzierung gekümmert habe.

Welche Fehler hat ihr Vorgänger Thomas Krupke gemacht?

Darum geht es im Moment nicht. Vielmehr müssen wir uns fragen, was heute unser dringendstes Problem ist. Und das sind unsere viel zu hohen Fixkosten. Daher zielt unser Sparprogramm darauf ab, dass wir bei einem Umsatz von 500 Millionen Euro, wie wir ihn für 2011 erwarten, eine schwarze Null schreiben. Das würden wir mit unserer derzeitigen Struktur nicht schaffen.

Krupke hat 2009 beim Zulieferer Ersol Solarzellen für mehr als eine Milliarde Euro bestellt, die sie heute nicht brauchen. Wie lösen Sie das Problem?

Ersol ist ja mittlerweile im Bosch-Konzern aufgegangen. Mit dem, wie auch mit allen anderen Zulieferern, mit denen wir langfristige Lieferverträge haben, stehen wir in ständigen Gesprächen. Auch im Falle von Bosch konnten wir uns darauf einigen, dass wir nun zu heute marktüblichen Preisen abnehmen. Entsprechend waren unsere Verträge aber auch angelegt. Müssten wir heute den ursprünglich vereinbarten Preis zahlen, gäbe es uns nicht mehr.

Es gab zuletzt Gerüchte, wonach Bosch im Gegenzug Anteile an Solon erhalten könnte.

Das haben wir auch gelesen. Aber mir ist kein derartiges Angebot bekannt.

Sie ringen mit einem Bankenkonsortium um die Verlängerung eines Kredites über 275 Millionen Euro, der zum Jahresende ausläuft. Wie stehen die Verhandlungen?

Die Gespräche verlaufen gut und konstruktiv. Ich habe den Gläubigern zuletzt den Zeitplan für unseren Restrukturierungsplan vorgestellt. Unsere Bemühungen zielen darauf ab, dass wir uns im vierten Quartal auf eine Verlängerung des Kredits verständigen können. Gelingt das nicht, wäre es das Ende für Solon.

Berlins rot-roter Senat hat für sie eine Bürgschaft über 146 Millionen Euro mit durchgesetzt. Glauben Sie, dass die Politik im Wahlkampf weiter treu zu Solon steht?

Ob Berlin die Bürgschaft verlängert, hängt sicher von unserer Einigung mit den Banken ab. Wir geben Berlins Bürgern zugleich ein Bekenntnis zum Standort ab. Wir müssen zwar auch hier Personal abbauen, vor allem in der Verwaltung - darüber sprechen wir bald mit dem Betriebsrat. Im Vertrieb dagegen werden wir aufstocken. Und uns weiter verstärken im Bereich intelligenter Energie-Management-Systeme. Es könnte sogar sein, dass wir im kommenden Jahr mehr Leute in Berlin beschäftigen als heute. Dagegen hätte der Senat sicher nichts.

Stefan Säuberlich (47) ist seit Januar 2010 Chef von Solon. Zuvor war der gebürtige Berliner Chef der Wadan-Werften in

Wismar und Rostock. Das Interview führte Kevin P. Hoffmann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false