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Wirtschaft: Gericht kassiert „Goldene Aktien“

Brüssel/Berlin (msb/fo/fw). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden, dass so genannte Goldene Aktien dem europäischen Recht widersprechen.

Brüssel/Berlin (msb/fo/fw). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden, dass so genannte Goldene Aktien dem europäischen Recht widersprechen. Mit diesem Urteil wird der Weg für eine europaweit gültige Übernahmerichtlinie freigemacht. Das Verfahren richtete sich zwar gegen Belgien, Frankreich und Portugal, hat aber auch Konsequenzen für das deutsche Übernahmegesetz und das spezielle Gesetz zum Schutz des Volkswagen-Konzerns.

Über eine „Goldene Aktie“ bekommt der Staat ein Mitspracherecht, wenn bei dem betroffenen Unternehmen eine feindliche Übernahme ansteht. Dies kann bis zu einem Vetorecht gehen, mit dem die Übernahme verhindert wird. Vor allem bei ehemals staatlichen Unternehmen ist diese Praxis üblich. Die EU-Kommission findet, dass dies gegen die Regeln des freien Kapitalmarktes im EU-Vertrag verstößt. Unter Präsident Jacques Santer war die Kommission deshalb 1998 und 1999 gegen Portugal, Belgien und Frankreich vor den EuGH gezogen. Dieser entschied jetzt, dass die französischen und portugiesischen Bestimmungen dem EU-Recht entgegenstehen. Die belgischen „golden shares“ wurden als Ausnahmeregelung für zulässig erklärt.

Alle drei Regelungen weichen nach Auffassung des Gerichtes von den Grundsätzen des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit ab. In Belgien geht es jedoch um das Erdgasnetz und damit um das strategische Ziel einer Grundversorgung des Landes. Hier hält es das Gericht für zulässig, dass der Staat sich Sonderrechte sichert. Diese Rechte seien jedoch an strenge Fristen gebunden, das Vorgehen der Regierung unterliege strengen Regeln, müsse begründet werden und gerichtlich nachprüfbar sein.

In Frankreich muss der Wirtschaftsminister bei Total-Fina-Elf genehmigen, wenn andere Unternehmen durch den Kauf von Aktien Stimmanteile von mehr als zehn Prozent erreichen. In Portugal unterliegen Beteiligungen von Auslandsinvestoren an Inlandsfirmen Höchstgrenzen. Beides ist dem EuGH zufolge unzulässig. Grundsätzlich verbietet der EG-Vertrag alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen ihnen und dritten Ländern. In Deutschland gibt es zwar keine „Goldene Aktie“, dafür aber das VW-Gesetz sowie Schutzregeln im Übernahmegesetz (siehe Kasten).

Der EU-Parlamentarier Klaus-Heiner Lehne (CDU) begrüßte die Entscheidung des Gerichts. „Jetzt ist es endgültig vorbei mit den protektionistischen Regelungen.“,sagte er. Lehne forderte die Kommission auf, das EuGH-Votum in die geplante Richtlinie für Unternehmensübernahmen einfließen zu lassen. Nach seiner Meinung ist jetzt die Beschränkung von Stimmrechten bei Aktiengesellschaften nicht mehr haltbar. Diese Praxis findet sich immer noch in vielen EU-Staaten, aber auch im VW-Gesetz. Danach darf kein VW-Aktionär mehr als 20 Prozent Stimmrechte bei VW ausüben, auch wenn er weit mehr Aktien besitzt.

Sprecher der EU-Kommission sagten am Dienstag, das Urteil ermögliche der Kommission jetzt, zahlreiche Prüfverfahren zu eröffnen. Eines dieser Verfahren könnte sich auf das VW-Gesetz beziehen. Bundesfinanzminister Hans Eichel sagte am Dienstag, es werde geprüft, ob sich eventuell Konsequenzen aus dem Urteil ergeben könnten. VW sieht sich durch das Urteil nicht betroffen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) der seit seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen besonders enge Beziehungen zu VW pflegt, hatte sich erst kürzlich für den Erhalt der Sonderregeln in Brüssel eingesetzt.

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